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Sudan : Bundeswehr darf bis Ende Mai weiter evakuieren

Der Bundestag billigt im Nachgang die Evakuierungsmission der Bundeswehr im Sudan. Das Mandat läuft bis 31. Mai.

02.05.2023
2024-04-19T10:41:01.7200Z
3 Min

Die Bundeswehr kann noch bis zum 31. Mai 2023 aus dem Bürgerkriegsland Sudan evakuieren. Das dazu von der Bundesregierung vorgelegte Mandat billigte der Bundestag vergangene Woche mit großer Mehrheit: 663 Abgeordnete votierten dafür, sieben Parlamentarier enthielten sich. Es gab keine Gegenstimme.

Foto: picture alliance / Xinhua News Agency / Radwan Abu Elmagd

Die humanitäre Lage im Sudan ist katastrophal. Hunderttausende befinden sich auf der Flucht.

Soldaten hatten Ende April mehr als 700 Menschen ausgeflogen

Die Bundesregierung holte damit im Nachgang auch die Zustimmung für die kurz zuvor beendete Mission ein; die daran beteiligten Soldatinnen und Soldaten waren gerade auf dem Rückweg. Sie hatten unter schwierigsten Umständen vom 22. bis 26. April mehr als 700 Menschen, darunter etwa 200 Deutsche, aus dem Sudan geflogen. "Die Situation duldete keinen Aufschub", begründete Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) im Bundestag die Entscheidung der Koalition, den gefährlichen Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zunächst ohne das notwendige Mandat des Parlaments in Gang zu setzen. Der innersudanesische Machtkampf zwischen Präsident al-Burhan und Vizepräsident General Daglo sei "sehr schnell mit wirklich großer Geschwindigkeit und Brutalität eskaliert". Auch zahlreiche Deutsche seien von der Situation überrascht worden.

Rund 300 von ihnen hatten sich daraufhin in der Krisenvorsorgeliste ELEFAND des Auswärtigen Amtes eingetragen; per Telefon, SMS oder E-Mail wurden sie informiert, wo und wann sie am Flughafen eintreffen sollen. Die Fahrt dorthin mussten sie privat organisieren. Deutsche, die bisher nicht zum Flughafen kommen konnten, würden in den kommenden Tagen von internationalen Partnern bei deren Evakuierungsflügen mitgenommen, sicherten Auswärtiges Amt und Verteidigungsministerium zu. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erklärte außerdem im Bundestag, die Bundesregierung habe den Mandatszeitraum so gewählt, "dass wir auch in den nächsten Tagen und Wochen weiter handlungsfähig sind, wenn Menschen unsere Hilfe brauchen". Die Obergrenze von 1.600 einzusetzenden Soldatinnen und Soldaten darf danach zeitlich befristet oder in Notsituationen überschritten werden.

Opposition: Ministerien haben Hinweise über Mission durchgestochen

Die Fraktionen dankten den Streitkräften für ihren Einsatz. Die Informationspolitik der Bundesregierung kam bei der Opposition allerdings nicht gut an. Dass aus den Ministerien frühzeitig Informationen über die Mission durchgestochen worden seien, sei "gefährlich" gewesen, urteilte Jürgen Hardt (CDU). Joachim Wundrak (AfD) sagte, zur Professionalität gehöre es auch, "die notwendige Geheimhaltung zur Risikominderung zu akzeptieren". An Pistorius gewandt, richtete er die Erwartung, dass dessen Ankündigung, den Vorfällen nachzugehen, "entsprechend Erfolge zeitigt".

CDU-Politiker Hardt erinnerte außerdem an die chaotische Evakuierungsoperation im Sommer 2021 in Afghanistan und fragte, "wie es eigentlich passieren kann, dass wir immer wieder von solchen Entwicklungen total überrascht werden". Es habe "mit Sicherheit irgendwelche Anzeichen gegeben; die haben wir nur mit unserer Sensorik nicht wahrgenommen".


„Die Situation duldete keinen Aufschub.“
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD)

Auch Gregor Gysi (Die Linke) wollte von der Bundesregierung wissen, warum keine Kenntnis über eine solche bevorstehende Situation im Sudan bestand. Alexander Graf Lambsdorff (FDP) warf einen kritischen Blick auf die ELEFAND-Liste und urteilte: Die Erreichbarkeit von Menschen über sie sei in so schwierigen Umständen "höchst volatil". Es müsse geklärt werden, welche Wege es noch gäbe. Dass die internationale Gemeinschaft weiterhin gefordert ist, sich für Frieden im Sudan einzusetzen, betonten sowohl Baerbock als auch Nils Schmid (SPD). Letzerer warnte vor einem "Somalia- oder Libyen-Szenario", also das Abrutschen in dauerhafte Fragilität.

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Dass die Bundeswehr eine Evakuierung ohne Bundestagsmandat startet, ist kein Novum: Schon im Februar 2011, während der Aufstände in Libyen, holten deutsche Streitkräfte Zivilisten aus dem Land. Die Grünen klagten deswegen vor dem Bundesverfassungsgericht, doch das urteilte 2015, die Operation sei aufgrund von "Gefahr in Verzug" rechtmäßig gewesen.