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Gedenkstunde zur Staatsgründung Israels : Sorgen vor einer Unterwanderung der Demokratie in Israel

Fraktionen würdigen die Staatsgründung Israels vor 75 Jahren. Sorgen bereiten die Justizreform in Israel und der wachsende Antisemitismus in Deutschland.

15.05.2023
2024-04-04T12:20:31.7200Z
3 Min

Zwei Tage vor dem eigentlichen Jubiläum haben die Bundestagsfraktionen vergangenen Freitag den 75. Jahrestag der Gründung des Staates Israel gewürdigt. Im Beisein von Bundespräsident Frank Walter Steinmeier und dem Botschafter des Staates Israel in Deutschland, Ron Prosor, erklärten sie die Sicherheit des Landes als Teil der deutschen Staatsräson. Mit Blick auf die von der Regierung Netanjahu angestrebte Justizreform und den wachsenden Antisemitismus in Deutschland äußerten die Abgeordneten jedoch auch Sorgen.

Foto: picture alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Ron Prosor, Botschafter von Israel in Deutschland, bei der Debatte zum 75. Jahrestag der Gründung Israels in der Plenarsitzung im Deutschen Bundestag.

Enge Beziehungen zwischen Deutschland und Israel

Am 14. Mai 1948 endete auf Beschluss der Vereinten Nationen das britische Mandat über Palästina. In Tel Aviv verlas Staatsgründer David Ben Gurion damals die Unabhängigkeitserklärung.

Für Grünen-Co-Fraktionschefin Katharina Dröge hat das die Staatengemeinschaft "um ein demokratisches und vielfältiges Land mit ungeheurer Kreativität, Schaffenskraft und Internationalität" bereichert. Dass Deutschland und Israel heute so enge Beziehungen zueinander hätten, sei alles anderes als selbstverständlich. Das Menschheitsverbrechen der Shoah nehme Deutschland "für immer" in die Verantwortung, zu erinnern und nicht zu vergessen.

Kritik am andauernden Siedlungsbau im Westjordanland

Mit Blick auf die Raketenangriffe auf die israelische Zivilbevölkerung forderte die Grünen-Politikerin ein Ende der Gewalt, aber auch konkrete Schritte der israelischen Regierung, um mit den arabischen Nachbarn und Palästinensern Frieden zu schließen.

"Wir hoffen auf einen echten politischen Prozess, der nicht auf das Schaffen von Fakten setzt, sondern auf Dialog, einen Prozess nach Maßgabe des Völkerrechts und der Menschenrechte", sagte Dröge mit Blick auf die den andauernden Siedlungsbau im Westjordanland. Diesen bezeichneten zahlreiche Redner in der Debatte als völkerrechtswidrig.


„Nur Israelis und Palästinenser gemeinsam können zum Frieden finden.“
Gabriela Heinrich (SPD), Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe

Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) nannte es eine "politische und gesellschaftliche Leistung", dass Israel sich erfolgreich als wehrhafte Demokratie etabliert habe. Gleichwohl blicke Deutschland mit Sorge auf die israelische Innenpolitik.

Antisemitismus kommt nicht immer nur von rechts

Dass über die Regeln der Besetzung des Verfassungsgerichts grundlegende gesellschaftliche Debatten geführt werden, ist aus Sicht von Merz jedoch "keine Schwäche, sondern Ausdruck der Stärke der israelischen Demokratie". Er hoffe, dass Israel die richtigen Entscheidungen treffen werde.

Zum Antisemitismus in Deutschland stellte der CDU-Politiker klar, dass dieser nicht nur von Rechts ein Problem sei. Antisemitismus bleibe Antisemitismus, auch wenn er von links, im Gewand der Kunst und von muslimischen Migranten komme.

Für die AfD warf Matthias Moosdorf der Bundesregierung die Finanzierung antisemitischer Schulbücher im Westjordanland sowie von Veranstaltungen der linken Rosa-Luxemburg-Stiftung vor. Vor allem aber machte er die Zuwanderung für den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland verantwortlich. "Solange es keine muslimischen Massen in Europa gab, gab es ihn nicht."

Synagogen und jüdische Schulen in Deutschland müssten überwacht werden

Gabriela Heinrich (SPD), die im Bundestag die Deutsch-Israelische Parlamentariergruppe leitet, nannte es "unerträglich", dass sich Jüdinnen und Juden hierzulande nicht sicher fühlen könnten. Synagogen und jüdische Schule müssten überwacht werden, allein 2022 seien 264 antisemitische Straftaten registriert worden.

Zur innenpolitischen Situation in Israel sagte die SPD-Politikerin, die israelische Zivilgesellschaft sei in großer Sorge, dass die Justizreform die Demokratie gefährden könnte. Auch zum Konflikt mit den Palästinensern seien mahnende Worte zu hören. "Nur Israelis und Palästinenser gemeinsam können zum Frieden finden", zeigte sich Heinrich überzeugt. Das Leid sei auf beiden Seiten unendlich groß.

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FDP-Fraktionschef Christian Dürr betonte, "Israel hat das Recht auf Selbstverteidigung". Zur Natur der Freundschaft zwischen Deutschland und Israel gehöre aber auch die gemeinsame Diskussion. "Rechtsstaatlichkeit ist das Wesen der Demokratie", stellte er klar. "Und die Unabhängigkeit von Justiz und Medien ist für uns wichtig."

Dürr fordert Kooperation mit israelischen Hochschulen und Unternehmen

Die mahnenden Worte von Staatspräsident Jitzchak Herzog in Richtung der Netanjahu-Regierung zeigten, "dass Israel die lebendige liberale Demokratie im Nahen Osten ist". Dürr verwies außerdem auf die Bedeutung Israels als Forschungsstandort und sprach sich für eine stärkere Kooperation mit israelischen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und mittelständischen Unternehmen aus.

Dietmar Bartsch, Co-Fraktionsvorsitzender der Linksfraktion, erklärte, seine Partei stehe an der Seite der Demonstrantinnen und Demonstranten für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Bei der Bekämpfung des Antisemitismus habe die deutsche Politik versagt Sie habe in den vergangenen Jahren zu wenig für sozialen Zusammenhalt und Nächstenliebe getan. Die Feiern zu 75 Jahren Israel sollten daher auch Anlass sein, darüber nachzudenken, wie dem Neonazismus der Boden entzogen werden könne.