Studie weist auf prekäre Situation hin : Die soziale Situation der Frauen in der Landwirtschaft
Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft befasst sich mit der Lebenssituation von Frauen in landwirtschaftlichen Betrieben.
Expertinnen haben dem Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft in der vergangenen Woche die Ergebnisse einer Studie zur Lebenssituation von Frauen in landwirtschaftlichen Betrieben vorgestellt. Sie sahen vor allem Handlungsbedarf, die Zahl der Hoferbinnen und -besitzerinnen zu erhöhen sowie die Alters- und Gesundheitsvorsorge für weibliche Arbeitskräfte in der Landwirtschaft zu verbessern.
Nur elf Prozent der Flächen und Gebäude sind im Besitz von Frauen
Wissenschaftlerinnen des Braunschweiger Thünen-Instituts für Betriebswirtschaft und des Lehrstuhls für Soziologie Ländlicher Räume der Universität Göttingen hatten im Auftrag des Bundesministeriums für Landwirtschaft (BMEL) von 2019 bis 2022 rund 7.000 Frauen für die Untersuchung befragt und dazu mehrere Workshops in ländlichen Regionen veranstaltet.
Dabei kam unter anderem heraus, dass 90 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe von Männern geerbt und geführt werden, nur elf Prozent der Flächen und Gebäudeseien im Besitz von Frauen. Diese Zahlen seien seit nahezu 30 Jahren unverändert.
Erhöhtes Armutsrisiko für Frauen
Die derzeitige Konzeption der Altersvorsorge sei ein Armutsrisiko für Frauen, vor allem bei Scheidung oder dem Tod des Ehepartners. Grund dafür: Die Rente der Landwirtschaftlichen Rentenkasse sei als Teilkassenleistung konstruiert, Frauen und Männer müssten ihre Alterssicherung aus mehreren Bausteinen zusammenstellen. Da Frauen in Testamenten und über Verträge deutlich seltener abgesichert seien als Männer, sei die Altersarmut bei Frauen in der Landwirtschaft deutlich höher.
„Die Studie hat gezeigt, dass 21,4 Prozent der befragten Frauen als Burnout-gefährdet gelten.“
"Die Studie hat neben weiteren gesundheitlichen Aspekten gezeigt, dass 21,4 Prozent der befragten Frauen als Burnout-gefährdet gelten", sagte Zazie von Davier, Projektleiterin der Studie und Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Thünen-Institut, Braunschweig. Vor allem die vielfältigen Rollenerwartungen brächten Gefahren der Überbelastung mit sich.
Expertin fordert Politik zum Handeln auf
Juliane Vees, Erste Vizepräsidentin des Deutschen Landfrauenverbandes, stellte Forderungen an den Bund. Wichtige Punkte der Studie könnten nur durch gesetzgeberische Änderungen erreicht werden, vor allem bei der Sozial- und Altersabsicherung. 31 Prozent der Befragten hätten angegeben, sie fühlten sich nicht ausreichend abgesichert, und 26 Prozent konnten überhaupt keine Angaben dazu machen. "Das sind Zahlen, die unseren Verband schockiert haben", so Vees. Das müsse sich ändern, "das ist ein Thema für die Politik".
Auch Bildungseinrichtungen sind gefragt
Janna Luisa Pieper, Leitende Mitarbeiterin an der Studie und Doktorandin am Lehrstuhl für Soziologie Ländlicher Räume an der Georg-August-Universität Göttingen, verwies auf Bildungseinrichtungen, die sich stärker mit den Fragen der Altersversorgung im ländlichen Bereich beschäftigen müssten. Die oftmals prekäre soziale Situation der Frauen in der Landwirtschaft sei auch durch "traditionelle Rollenverständnisse in der Landwirtschaft" bedingt, die Frauen ausbremsten, sagte Pieper.
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Dem schloss sich Hanka Mittelstädt, Geschäftsführerin der Ucker-Ei GmbH, an und forderte unter anderem mehr Mentoring-Programme für Existenzgründerinnen. Solche Maßnahmen müssten an Berufs- und Hochschulen angeboten werden. Außerdem sei entscheidend, dass Förderprogramme und Bankkredite in Deutschland eine oftmals zu enge Altersbegrenzung - bis 40 Jahre - hätten. Das würde vor allem Frauen benachteiligen, weil die Familienplanung oftmals in deren 30er Jahren stattfinde.