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Novelle des Wettbewerbsrechts : Für ein mächtigeres Kartellamt

Sektoruntersuchungen im Kartellrecht sollen künftig schneller ablaufen und wirksamer werden. Einen Gesetzentwurf dazu debattierte der Bundestag in erster Lesung.

30.05.2023
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4 Min

Sektoruntersuchungen im Kartellrecht sollen künftig schneller ablaufen und damit wirksamer werden. Das sieht ein Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und anderer Gesetze vor, der in der vergangenen Woche erstmals im Bundestag beraten wurde.

Kartellamt soll Maßnahmen anordnen können

Weiterhin soll das Bundeskartellamt die Befugnis erhalten, im Anschluss an eine Sektoruntersuchung eine "erhebliche und fortwährende Störung des Wettbewerbs festzustellen und auf dieser Grundlage verhaltensbezogene und strukturelle Abhilfemaßnahmen anzuordnen".

Bislang enden Sektoruntersuchungen in der Regel nur mit einem Bericht der Kartellbehörde, schreibt die Bundesregierung im Entwurf; die Ergreifung von Abhilfemaßnahmen sei bislang nicht vorgesehen.

Vorteile sollen leichter abgeschöpft werden können

Mit der Gesetzesänderung soll zudem unter anderem die Anwendbarkeit der sogenannten kartellbehördlichen Vorteilsabschöpfung für die Kartellbehörden vereinfacht werden.

Dann können Kartellbehörden wirtschaftliche Vorteile, die durch Kartellrechtsverstöße erlangt wurden, von Unternehmen leichter abschöpfen. So bleiben Vorteile, die durch Verstöße gegen das Kartellrecht entstanden sind, nicht bei den Unternehmen, die die Verstöße begangen haben, heißt es in dem Entwurf.

Kostenpunkt: Voraussichtlich circa 1,97 Millionen Euro

Nach Angaben der Bundesregierung ist mit Inkrafttreten der Gesetzesänderung mit einem "erheblichen" jährlichen Erfüllungsaufwand beim Bundeskartellamt zu rechnen, in der Summe voraussichtlich circa 1,97 Millionen Euro.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnetet das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Debatte als eine Art "Grundgesetz der sozialen Marktwirtschaft". Es sei wie die Software der wirtschaftlichen Ordnung und diese Software bekomme jetzt ein kräftiges Update, so Habeck im Plenum. Seine Parteikollegin Sandra Detzer sagte, das Kartellrecht habe sich über viele Jahre bewährt. "Nun bringen wir es auf die Höhe unserer Zeit."


„Sie machen das Bundeskartellamt vom Schiedsrichter zum Spielmacher und schicken die soziale Marktwirtschaft damit vom Platz.“
Hansjörg Durz (CSU)

Hansjörg Durz (CSU) verglich den regelbasierten Wettbewerb mit der Fußballbundesliga. Trage ein Unternehmen zu oft die Meisterschale nach Hause, dann sollen durch eine Behörde Regeln geschaffen werden, so Durz: "Sie machen das Bundeskartellamt vom Schiedsrichter zum Spielmacher und schicken die soziale Marktwirtschaft damit vom Platz."

Sebastian Roloff (SPD) nannte Durz' Vergleich zum Fußball "verunglückt". Mit der Novelle des Gesetzes wolle man weiterhin den freien und fairen Wettbewerb stärken. Sektoruntersuchungen hätten bislang keine klare Konsequenz, das sei unglücklich und werde sich nun ändern, indem diese auf 18 Monate begrenzt würden.

AfD spricht von staatlicher Willkür

Grundsätzlich sei es richtig, dass Gatekeepern, also Großunternehmen wie Microsoft und anderen, Schranken gesetzt würden. "Aber das was Sie hier machen, ist in ein Gesetz gegossene staatliche Willkür", sagte der Abgeordnete Enrico Komning für die AfD-Fraktion in Habecks Richtung.

Eine wichtige Frage bei dem Thema sei, ob ein Staat überhaupt bestimmen könne, wie viel Wettbewerb er auf dem Markt zulässt, sagte Gerald Ullrich (FDP).

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Wo einzelne Märkte von wenigen privaten Anbietern beherrscht werden, dort könne von Wettbewerb nicht mehr die Rede sein, sagte Pascal Meiser (Die Linke). Die Verschärfung des Gesetzes sei deshalb dringend notwendig. Im Anschluss an die Debatte wurde der Gesetzentwurf an den Wirtschaftsausschuss überwiesen.