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Parteienfinanzierung : Eine gute Behauptung reicht nicht

Das Bundesverfassungsgericht hat die Erhöhung der Parteienfinanzierung von 2018 kassiert. Nun bekunden die Fraktionen Reformwillen.

30.01.2023
2023-10-24T09:39:57.7200Z
4 Min

Es war ein Paukenschlag, der von den Angesprochenen sogleich konstruktiv umgedeutet wurde. Kurz nachdem am Dienstag vergangener Woche die Bundesverfassungsrichter ein Gesetz zur staatlichen Parteienfinanzierung von 2018 gekippt hatten, verkündeten nicht nur SPD und CDU/CSU, sondern auch Grüne, Linke und FDP: Ein neues, transparentes, modernes Gesetz zur Parteienfinanzierung müsse nun her, gewissenhaft und nicht hastig formuliert. Zwei Tage später wurden diese Positionen während einer Aktuellen Stunde im Bundestag wiederholt, während derer die AfD-Fraktion den anderen Fraktionen aber unterstellte, ein neues Gesetzesvorhaben nur als Ablenkungsmanöver zu benutzen, um keine Gelder zurückzahlen zu müssen.

Das oberste Gericht des Landes hatte entschieden, dass das Gesetz der Großen Koalition von 2018 für eine außerplanmäßige Erhöhung der Parteienfinanzierung um 25 Millionen Euro ab 2019 nicht verfassungsgemäß ist, und damit einer Klage von Grünen, FDP und Linken stattgegeben. Union und SPD hatten die Anhebung damit begründet, dass Parteiarbeit in Zeiten der Digitalisierung teurer und aufwändiger geworden sei und sie auch mehr Geld in innerparteiliche Demokratie und Beteiligungsverfahren investieren müssten. Grüne, FDP und Linke hatten dagegen geklagt, weil sie die Erhöhung für unverhältnismäßig hielten und den Eindruck einer Selbstbedienung fürchteten. Die AfD wiederum hatte Klage eingereicht, weil sie sich durch die Art der Gesetzgebung im Eilverfahren als Oppositionspartei benachteiligt sah. Diese Klage hatten die Karlsruher Richter jedoch als unzulässig zurückgewiesen.

Das Bundesverfassungsgericht hat einer Erhöhung aus den von Union und SPD genannten Gründen nicht grundsätzlich eine Absage erteilt. Es hat vielmehr durchaus anerkannt, dass die Herausforderungen der digitalen Kommunikation als "einschneidende Veränderung der äußeren Umstände" gelten können, die wiederum eine Erhöhung der Obergrenze der Parteienfinanzierung rechtfertigen können. Der Gesetzgeber müsse jedoch genau begründen, wofür in welcher Höhe bestimmte Summen benötigt werden, urteilten die Richter. Ob die Bundestagsverwaltung die zu Unrecht gezahlten Gelder zurückverlangt, wird nun erst einmal geprüft, möglich sei auch eine Teilrückzahlung, hieß es dazu am Tag der Urteilsverkündung.

Zurückzahlen oder nicht?

In der Aktuellen Stunde warf Stephan Brandner (AfD) den "Altparteien" vor, sich rechtswidrig 100 Millionen Euro einverleibt zu haben, und forderte, dieses Geld müsse sofort zurückgezahlt werden. Daran dächten die anderen Parteien aber gar nicht, sagte er, denn stattdessen überlegten sie, wie sie ein neues, ab 2019 rückwirkendes Gesetz verabschieden könnten, damit nichts zurückgezahlt werden müsse. "Das Geld gehört zurück in die Taschen der Bürger."

Dietmar Nietan (SPD) sagte, wenn man einen Fehler gemacht habe, müsse man dazu stehen. "Die Art und Weise, wie wir das Gesetz damals im Eilverfahren durch das Parlament gejagt haben, war falsch." Daraus müssten nun die richtigen Schlüsse gezogen werden, das Urteil sei eine Chance, nun ein modernes Parteienfinanzierungsgesetz auf den Weg zu bringen.

Ansgar Heveling (CDU) betonte: "Das war nicht das Urteil, das wir uns erhofft haben." Nun müsse es darum gehen, eine zeitgemäße Reform der Finanzierung hinzubekommen. Es sei aber mitnichten so, wie es die AfD behaupte, dass das Urteil eine "Klatsche" für Union und SPD sei. "Die einzige Partei, die eine Klatsche erhalten hat, ist die AfD, weil sie offenbar nicht in der Lage ist, eine vernünftige Klage einzureichen."

Canan Bayram (Bündnis 90/Die Grünen) warf der AfD vor, mit ihrer Klageschrift nur ein Ziel gehabt zu haben, nämlich die Verfassungsorgane zu beschädigen. Diese Strategie sei eine ernste Gefahr für die Demokratie. Das Urteil sei deutlich gewesen, so Bayram, aber sie vertraue der Bundestagsverwaltung, sachlich zu prüfen, ob und wie eine Rückzahlung der Gelder für die Jahre ab 2019 notwendig sein wird.

Jan Korte (Die Linke) kritisierte die AfD für ihre Agitation gegen die staatliche Parteienfinanzierung als solche. "Die Grundidee der staatlichen Parteienfinanzierung ist sinnvoll, damit es nicht so endet wie in den USA." Grüne, Linke und FDP seien erfolgreich gewesen, die AfD dagegen nicht, so Korte. Er forderte, bei einer künftigen Reform mehr auf Transparenz zu achten als bisher, um das Vertrauen der Bevölkerung wieder zurückzugewinnen.

Stephan Thomae (FDP) warnte, man dürfe nicht den Fehler von 2018 wiederholen und hastig ein Gesetz ausarbeiten. "Wir brauchen ein ausgeruhtes Gesetz", sagte er. Denn das Grundgesetz weise den Parteien eine Mittlerrolle zwischen Staat und Gesellschaft zu, für die es eine solide finanzielle Basis brauche. Aber es reiche eben nicht, nur zu behaupten, die Digitalisierung sei eine einschneidende Veränderung, dies müsse auch nachvollziehbar belegt werden.