Ortskräfte der GIZ : Gereizte Reaktion auf "Bleibeprämien"-Vorwurf
GIZ-Vorstandsmitglied Thorsten Schäfer-Gümbel berichtet vor dem Untersuchungsausschuss über die Evakuierung von Ortskräften.
Thorsten Schäfer-Gümbel, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) reagiert gereizt, wenn das Gespräch auf die an afghanische Ortskräfte angebotene Sonderabfindung kommt. "Das wurde öffentlich als Bleibeprämie denunziert", sagte er am Donnerstag im Untersuchungsausschuss Afghanistan, der die Ereignisse zwischen dem Abschluss des Doha-Abkommens, mit dem der Abzug internationaler Truppen geregelt wurde, und den Chaostagen in Kabul im August 2021 untersucht. Die Sonderabfindung sei es als "Ausdruck und Anerkennung der Tätigkeit" der Ortskräfte gedacht gewesen. Viele Mitarbeiter hätten aus familiären Gründen von dem Ortskräfteverfahren (OKV) kein Gebrauch machen wollen. Damit hätten sie keineswegs ihren Anspruch auf eine Aufnahme verloren, sondern lediglich den Weg der Einzelfallprüfung gehen müssen, sagte Schäfer-Gümbel.
Zeuge: GIZ ist gesetzlich vorgeschriebener Fürsorgepflicht nachgekommen
Die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram ließ nicht locker. Sie zitierte eine E-Mail, in dem er um einen ehemaligen GiZ-Mitarbeiter geht, der entführt und enthauptet worden sei. "In so einem Fall müssen wir anschauen, in welchem Rahmen das stattgefunden hat", sagte Schäfer-Gümbel. Man müsse, um eine Gefährdung anzuerkennen, davon ausgehen können, dass der Grund der konkreten Bedrohung die Arbeit für die GIZ sei.
Schäfer-Gümbel verteidigte sich mit dem gesetzlich vorgegebenen OKV. "Wir sind ein bundeseigenes Unternehmen" sagte er. "Wenn das Bundesunternehmen GIZ sich nicht an gesetzlichen Vorgaben hält, wer dann?" Der ebenfalls gesetzlich vorgeschriebenen Fürsorgepflicht sei die GIZ nachgekommen, indem sie 1.358 Mitarbeiter und ihre Familien evakuiert habe.
GIZ-Mitarbeiter wollten bleiben
Der Zeuge führte aus, warum die GIZ nach dem Abzug der Truppen aus Afghanistan ihre Tätigkeit im Land fortzusetzen plante. Die Organisation arbeite sehr oft in Ländern, in denen "entweder die Militärs noch nicht oder nicht mehr da sind" und habe "enorme Erfahrung" darin. Schäfer-Gümbel räumt ein, dass man damals eingeschätzt habe, dass es lediglich zu einer "Neuverteilung der Macht" kommen würde und nicht zur kompletten Machtübernahme durch die Taliban "Es stand nicht zur Debatte, dass wir uns zurückziehen." Es sei um die Überlegung gegangen, was passiert wäre, "wenn wir eine längere Phase operativ handlungsunfähig sind und unter welchen Bedingungen die nationalen Mitarbeiter das Land nicht verlassen." In diesem Kontext sei die Sonderabfindung zu betrachten, die die Mitarbeiter in die Lage versetzen sollte, mit solch einer Phase umzugehen.
Schäfer-Gümbel sagte, dass er und der damalige Staatssekretär Martin Jäger im Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sich einig gewesen seien, das individuelle OKV im "absoluten Krisenfall" keine Lösung sei. Dieser Fall sei auch mit dem Fall Kabuls eingetreten, dann sei die Entscheidung gefallen, zum pauschalen Listenverfahren überzugehen. "Dies war eine politische Entscheidung", betonte er.