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Foto: European Union 2023
So früh nun doch nicht, aber bei den anstehenden Europawahlen Anfang Juni dürfen in Deutschland erstmals auch Jugendliche ab 16 Jahren wählen.

Europawahl 2024 : Eine besondere Wahl

Erstmals dürfen 16-Jährige bei einer bundesweiten Wahl die Stimme abgeben. Auch sonst hat die Europawahl interessante Aspekte und zum letzten Mal keine Sperrklausel.

29.02.2024
2024-02-29T15:29:17.3600Z
3 Min

Wenn zur Europawahl am 9. Juni in Deutschland rund 65 Millionen Menschen zur Stimmabgabe aufgerufen sind, werden darunter erstmals bei einer bundesweiten Wahl auch Jugendliche sein. Für Europawahlen hatte der Bundestag vor anderthalb Jahren das Wahlalter von 18 auf 16 Jahre abgesenkt. Damit dürfen nun auch die rund 1,3 Millionen 16- und 17-jährigen Deutschen die Abgeordneten des Europäischen Parlamentes wählen. Wer selbst kandidieren möchte, muss aber weiterhin volljährig sein. 

Die Sitze im Europäischen Parlament, hier zu sehen ist der Plenarsaal in Brüssel, werden im Juni neu vergeben.   Foto: European Union 2023

Wahlberechtigt sind dabei nicht nur Deutsche, sondern auch Staatsangehörige der übrigen EU-Mitgliedsstaaten, die in Deutschland ihren Wohnsitz haben. Seit der Europawahl 1994, also seit genau 30 Jahren, gilt: Wer in einem anderen EU-Land lebt, kann entweder dort oder im Herkunftsland wählen. Nur zweimal geht nicht: Das Wahlrecht darf nur einmal ausgeübt werden, und zwar auch dann, wenn man vielleicht sogar zwei EU-Staatsangehörigkeiten besitzt. Schon der Versuch, zweimal abzustimmen, wäre strafbar. Um eine doppelte Stimmabgabe in Wohnsitz- und Herkunftsland zu vermeiden, gibt es einen Informationsaustausch zwischen den EU-Mitgliedsstaaten.

Es gibt nur eine Stimme

Die Stimmabgabe selbst ist dabei sehr einfach: Es gibt keine Wahlkreise und nur eine einzige Stimme. Die Parteien stellen entweder eine bundesweite Liste auf oder in jedem Bundesland eine eigene. Die zweite Möglichkeit nutzen Parteien, die wie CDU oder CSU nicht bundesweit, sondern nur in einem oder mehreren Bundesländern antreten.

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Die Wahlen zum Europäischen Parlament haben im Laufe der Jahre immer mehr an Bedeutung gewonnen, vor allem nach den Verträgen von Maastricht 1992 und Lissabon 2007. Als einziges direkt gewähltes Organ der Europäischen Union ist das Parlament grundsätzlich gleichberechtigter Mitgesetzgeber neben dem Rat, in dem die Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten entscheiden. Auch über den EU-Haushalt entscheiden die Europaabgeordneten gemeinsam mit dem Ministerrat. Vor allem aber wählt das Parlament die Präsidentin der EU-Kommission und kann den Rücktritt der Kommission durch ein Misstrauensvotum erzwingen. Bereits die Drohung mit einem solchen Antrag führte 1999 dazu, dass die EU-Kommission von Jacques Santer geschlossen zurücktrat. 

Erst 751, dann 705 und künftig 720 Sitze

Die Zahl der Sitze im Europäischen Parlament wurde in der laufenden Wahlperiode ordentlich durcheinandergewirbelt. Zu Beginn der Wahlperiode gab es 751 Europaabgeordnete, nach dem Brexit gab es dann 705 Sitze und bei der anstehenden Europawahl werden nun 720 Abgeordneten gewählt, wie das EU-Parlament im September 2023 beschloss. Grund für die Aufstockung ist eine Anpassung an die Bevölkerungsentwicklung in einzelnen Ländern.

Jedes Mitgliedsland hat dabei eine feste Anzahl von Sitzen; auf Deutschland als bevölkerungsreichstem EU-Mitglied entfallen mit 96 die meisten. Dabei gilt: Kleine EU-Mitglieder werden im Vergleich zu den großen stärker repräsentiert. Pro eine Millionen Einwohner hat Deutschland beispielsweise etwas mehr als einen Sitz, Malta als kleinstes Land mit zirka 542.000 Einwohnern 14 Sitze. Damit soll eine angemessene Repräsentation der kleineren Mitgliedstaaten gewährleistet sein und das Parlament trotzdem eine überschaubare Größe behalten. Man nennt dies das Prinzip der degressiven Proportionalität. Dieses Prinzip gilt beispielsweise auch im Bundesrat: Dort haben die kleineren Bundesländer im Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl ein stärkeres Stimmengewicht als die größeren Bundesländer.

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Anders als bei den Wahlen zum Bundestag und den Landtagen gibt es bei der Europawahl keine Sperrklausel. Deutschland ist damit zusammen mit Spanien europaweit eine Ausnahme, in allen übrigen Staaten gibt es eine entsprechende Hürde. Auch in Deutschland wird das in Zukunft so sein, denn der Bundestag hat im vergangenen Jahr mit Zweidrittelmehrheit eine Zweiprozenthürde für den Einzug ins Europaparlament ab 2029 beschlossen. Hintergrund war eine europarechtliche Vorgabe - der Direktwahlakt 2018. Danach ist jedes EU-Land verpflichtet, spätestens zur Wahl 2029 eine Sperrklausel von mindestens zwei Prozent einzuführen. Ohne diese europäische Vorgabe wäre eine solche Hürde in Deutschland für die Europawahl wohl verfassungswidrig; das hat das Bundesverfassungsgericht in zwei Urteilen aus den Jahren 2011 und 2014 entschieden. Seitdem schickt Deutschland Abgeordnete aus einer ganzen Reihe von zum Teil sehr kleinen Parteien nach Straßburg. Nach der Wahl 2019 waren es Parlamentarier aus 14 deutschen Parteien.