Piwik Webtracking Image

Staatsakt im Bundestag : Außergewöhnliche Würdigung für Wolfgang Schäuble

Bundesweit werden am Montag Flaggen auf Halbmast wehen, Frankreichs Staatspräsident wird eine der Reden halten. Ein besonderer Staatsakt würdigt Wolfgang Schäuble.

20.01.2024
2024-01-24T13:17:44.3600Z
3 Min

Schon vor dem Trauerstaatsakt an diesem Montag hat der Bundestag des verstorbenen ehemaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble gedacht. Zu Beginn seiner Plenarsitzung am vergangenen Mittwoch würdigte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) ihren Amtsvorgänger als "Ausnahmeparlamentarier", der immer wieder Weitsicht bewiesen habe und vorangegangen sei.

Wolfgang Schäuble starb am 26. Dezember 2023 im Alter von 81 Jahren.   Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild Pool

Seinen verwaisten Platz im Plenarsaal im Blick, den ein schwarzes Tuch verhüllte und auf dem ein Trauergesteck für den Verstorbenen platziert war, sprach sie die zahlreichen Verdienste Schäubles an. Neben seinem großen Beitrag bei der Gestaltung der Deutschen Einheit und der deutsch-französischen Freundschaft betonte die Präsidentin sein parlamentarisches Vermächtnis. Die Abgeordneten seien Vertreterinnen und Vertreter des ganzen Volkes, doch "niemand vertritt alleine das Volk", zitierte sie aus dessen Antrittsrede nach seiner Wahl zum Bundestagspräsidenten 2017. "Er widersetzte sich allen Versuchen, das Volk gegen die Volksvertretung auszuspielen. Er schützte die Würde unseres Hauses in einer Zeit zunehmender gesellschaftlicher - und parlamentarischer - Polarisierung", konstatierte Bas. Die Abgeordneten erhoben sich im Anschluss zu einer Schweigeminute und setzten die Plenarsitzung erst nach mehrminütiger Unterbrechung fort.

Zahlreiche Trauergäste aus dem In- und Ausland erwartet

An diesem Montag wird das Reichstagsgebäude dann Ort einer besonderen Ehrung, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat zum Gedenken einen Trauerstaatsakt angeordnet, den der Deutsche Bundestag ausrichtet. Mit dem 22. Januar, dem Jahrestag der Unterzeichnung des Élysée-Vertrags im Jahr 1963 als Grundstein für die Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich, ist der Termin des Staatsaktes eng verbunden mit dem Wirken Schäubles.

Am Montag werden auf allen Bundesinstitutionen die Flaggen auf Halbmast wehen. Umrahmt wird der Staatsakt durch einen Gedenkgottesdienst im Berliner Dom, der um 13 Uhr angesetzt ist, und einen Trauerempfang im Anschluss an die Gedenkveranstaltung, zu dem der Bundespräsident auf die Fraktionsebene im Reichstagsgebäude lädt. Der Staatsakt selbst wird im Plenarsaal um 15 Uhr beginnen und etwa eine Stunde dauern. Am Schluss wird die Nationalhymne erklingen.

Erwartet werden unter strengen Sicherheitsvorkehrungen neben Schäubles Angehörigen zahlreiche Gäste aus dem In- und Ausland. Mit Christine Lagarde unter anderem die Präsidentin der Europäischen Zentralbank. Auf deutscher Seite werden neben dem Bundespräsidenten zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der übrigen Verfassungsorgane teilnehmen,

Friedrich Merz und Emmanuel Macron halten Gedenkreden

Nach der Begrüßungsansprache der Bundestagspräsidentin wird es beim Staatsakt mit Friedrich Merz als Vorsitzenden der Partei und Fraktion des Verstorbenen und mit Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron zwei Gedenkredner geben. Dass der amtierende französische Präsident mit dieser besonderen Geste die Lebensleistung von Wolfgang Schäuble würdigt, darf als außergewöhnlich bezeichnet werden und unterstreicht die Bedeutung Schäubles politischen Lebenswerks für die deutsch-französische Freundschaft. Macron hatte den verstorbenen CDU-Politiker bereits kurz nach dem Tod als "Freund Frankreichs" gewürdigt, der "zur deutschen Wiedervereinigung, zum Aufbau des Euro und zur europäischen Einheit beigetragen" und die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich gestärkt habe.

Die persönlichste Würdigung erwarten Beobachter beim Staatsakt von CDU-Chef Merz, der als enger Freund Schäubles gilt. Bereits auf der Trauerfeier zur Beisetzung in Schäubles Heimatstadt Offenburg hielt Merz eine persönliche Rede. Schäuble habe "Generationen von Abgeordneten unserer Fraktion eine Prägung mitgegeben, auch mir ganz persönlich", so Merz: "Ohne ihn stünde ich heute nicht hier." Die Würdigung schloss er sehr persönlich: "Wolfgang, Du hast Großes geleistet und es ist gut geworden."

Mehr zum Leben von Wolfgang Schäuble

Porträt von Volker Kauder mit Brille und nachdenklichem Gesichtsausdruck.
Volker Kauder im Interview: "Es wurde mucksmäuschenstill, wenn er sich zu Wort meldete"
Volker Kauder war über Jahrzehnte ein politischer Wegbegleiter von Wolfgang Schäuble. Im Interview gibt er Einblicke in eine manchmal sehr besondere Zusammenarbeit.
Wolfgang Schäuble eröffnet Sitzung des 20. Deutschen Bundestages, im Plenarsaal
Nachruf auf Wolfgang Schäuble: Der Vordenker
Im Alter von 81 Jahren ist der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble gestorben. Mehr als 50 Jahre saß der Christdemokrat im Bundestag.

Auch die öffentlichen Beileidsbekundungen hoben die Größe des Lebenswerkes von Wolfgang Schäuble hervor. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bezeichnete Schäuble als "Glücksfall für die deutsche Geschichte", der "Historisches für unser Land erreicht hat". Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte Schäubles Weitsicht und betrauerte den Verlust einer "überragenden Persönlichkeit". Beide verband seit 1991 ein gemeinsames politisches Wirken in unterschiedlichen Konstellationen. "Als junge Ministerin war Wolfgang Schäuble mir politischer Lehrmeister", schrieb Merkel. Als Bundesinnenminister und später Bundesfinanzminister sei Schäuble dann "einer der Anker meiner ersten drei Kabinette" gewesen.

Staatsakt live im Parlamentsfernsehen verfolgen

Auch ihr Nachfolger, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), würdigte die Verdienste des CDU-Politikers: "Mit ihm verliert Deutschland einen scharfen Denker, leidenschaftlichen Politiker und streitbaren Demokraten", schrieb Scholz. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) unterstrich, sein Tod sei "ein schwerer Verlust für Deutschland und Europa. Er dachte stets groß und weit voraus."

Der Gedenkgottesdienst, der Staatsakt und der Trauerempfang sind nicht öffentlich zugänglich. Den Staatsakt am Montag wird ab 15 Uhr unter anderem das Parlamentsfernsehen übertragen.

Zum Livestream auf bundestag.de