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Haushalt 2024 : Wirtschaftsminister Robert Habeck warnt vor zu viel Pessismus

Nach Angriffen der Union auf seine Wirtschaftspolitik fordert Robert Habeck, "die Komfortzone der Seobstzufriedenheit" zu verlassen.

11.09.2023
2024-03-04T12:30:05.3600Z
4 Min
Foto: picture alliance/dpa

Hört sich nach seinem Appell entspannt die Redebeiträge der Opposition an: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen).

Von verfehlter Wirtschaftspolitik war die Rede, von der Bundesregierung als "Standortrisiko" und vom Deutschlandpakt als Offenbarungseid: Aus der Opposition hagelte es in der Haushaltswoche Kritik am Umgang der Ampelkoalition mit der schlechten Wirtschaftslage.

Wenn man etwas ändern wolle, müsse man zunächst die "Komfortzone" verlassen, konterte der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), am Donnerstag in der Debatte zu seinem Etat die Angriffe.

Im Einzelplan 09 des Bundeshaushaltes 2024 (20/7800) sind Ausgaben von rund elf Milliarden Euro vorgesehen (2023: 14,57 Milliarden Euro). Es werden Einnahmen in Höhe von 745,73 Millionen Euro (2023: 685,53 Millionen Euro) erwartet.

Bei der Haushaltsdebatte vor einem Jahr seien noch die Rettung des Energieunternehmens Uniper und die Füllstände der Gasspeicher in Deutschland die Hauptthemen gewesen. "Das spielt heute kaum noch eine Rolle", sagte Habeck. Er erwähne das, um deutlich zu machen, wie weit Deutschland seitdem gekommen sei. Viele Probleme wie die hohen Energiepreise und die Inflation hätten ihre Ursache im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Zugleich gebe es strukturelle Probleme wie zu viel Bürokratie, den Fachkräftemangel und eine unzureichende Digitalisierung. Um die Probleme zu überwinden, müsse man "raus aus der Komfortzone der Selbstzufriedenheit", so der Minister. Er warnte vor einem "defätistischen Schlechtreden" des Standorts Deutschlands. Dieser sei weiterhin "hochinteressant" für ausländische Investoren.

Sein Parteifreund Felix Banaszak nannte Zahlen, die das stützen sollen: Bis zu 80 Milliarden Euro an Auslandsinvestitionen kämen bald nach Deutschland, die Ansiedlung des Chiphersteller Intel sei nur das prominenteste Beispiel. Er kritisierte wie Habeck die Aussagen der Opposition, insbesondere der CDU/CSU-Fraktion: Ob es tatsächlich das beste Konzept sei, die eigene Schwäche dadurch ausgleichen zu wollen, dass man das Land, den Industriestandort schlechter rede, als er sei, fragte der Grüne. Die Opposition werde durch ihre ständigen Angriffe und der Blockade ihrer Verantwortung nicht gerecht, befand Banaszak.

Aus der Unionsfraktion kam trotz Habecks Aufruf zu mehr Zusammenarbeit weiter Kritik. Man könne den Eindruck gewinnen, sagte Jens Spahn (CDU), der Minister lebe in einer anderen Welt: "Wir sind in einer Rezession, wir sind das einzige Industrieland, das schrumpft."

Der Grund, warum das Land im Chaos versinke, sei der Dauerstreit des Wirtschaftsministers mit Finanzminister Christian Lindner (FDP). Den von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) tags zuvor präsentierten sogenannten Deutschlandpakt nannte Spahn einen "PR-Gag". Derzeit habe man eine Regierung, die in der Krise nicht funktioniere. "Wir müssen ernsthaft über Ihre Regierungsfähigkeit nachdenken", so Spahn in Richtung der Kabinettsbank im Plenum.

»Realitätsverweigerung« Ebenfalls an der Kompetenz des Kabinetts zweifelte Wolfgang Wiehle (AfD). Die Politik der aktuellen Regierung führe Deutschland in die Verarmung. "Ihre Energiepolitik sorgt für die teuersten Energiepreise der Welt", sagte Wiehle zu Habecks. Es müsse nun Schluss sein mit der gescheiterten Energiewende, die Pläne der Ampel seien nicht zu Ende gedacht. So solle Wasserstoff jetzt die Energiewende retten; mit immer neuen Subventionen würden Projekte bezahlt, "die sonst keiner macht, weil sie sich einfach nicht lohnen".

Für die Linksfraktion sprach Victor Perli von "Realitätsverweigerung" und verwies wie Spahn darauf, dass Deutschland die einzige große Volkswirtschaft sei, die schrumpfe. In dieser Situation lege die Ampel einen Kürzungshaushalt vor: "Anstatt verstärkt in die Zukunft zu investieren und den Laden wieder aus der Krise rauszuziehen, fahren Sie ihn noch dicker rein. Sie machen damit das Land und die Leute zu Absteigern."

Die Politik der Bundesregierung führe zu einer gigantischen Umverteilung von unten nach oben. Die von Kanzler und Vizekanzler versprochene Abschöpfung der Übergewinne per Gesetz sei so spät erfolgt, dass nicht mal eine halbe Milliarde Euro zusammengekommen sei.

»Investitionen anschieben« "Sie haben völlig ignoriert, von wo wir gekommen sind", erwiderte der Sozialdemokrat Frank Junge die Kritik der Unionsfraktion. Es werde ganz bewusst Angstmacherei betrieben, die der Wirtschaft schade und den Rechtspopulisten nach dem Mund rede. Die Regierung habe im Haushalt Mittel eingestellt, um Investitionen anzustoßen.

So habe man mit 90 Milliarden Euro inklusive des Klima- und Transformationsfonds im nächsten Haushaltsjahr eine Investitionsquote, die es noch nie zuvor gegeben habe. "Mit diesem Geld können wir Anreize setzen, wir können Investitionen in nachhaltige Bereiche voranbringen, wir können der Wirtschaft Verlässlichkeit und Planungssicherheit geben, und genau das sind die Instrumente, die unsere Wirtschaft gegenwärtig braucht", so Junge.

Sein Koalitionspartner Karsten Klein (FDP) betonte die Bedeutung der Schuldenbremse: "Dass wir diese wieder einhalten, ist ein wichtiger Beitrag, um die Inflation zu senken", so Klein. Es gelte zudem, Impulse zu setzen, wie es nun mit dem Wachstumschancengesetz geplant sei. Sieben Milliarden Euro seien dort als Entlastungsvolumen vorgesehen. Elena Müller