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Parlamentarisches Profil : Der Beharrliche: Garrelt Duin

01.02.2010
2023-08-30T11:25:46.7200Z
3 Min

Der 23. Mai 2009 ist wieder so ein Tag, an dem Garrelt Duin schneller ist als die anderen. Im Plenum "zwitschert" es freiherzig. "613 für Köhler", schickt Duin mit seinem Handy in die Welt hinaus, noch bevor das Ergebnis der Wahl zum Bundespräsidenten offiziell verkündet wird. Es ist seine elfte Twitter-Meldung während der Wahlsitzung. Und das gibt Ärger.

"Was soll denn der Sch...", brummt denn auch Duins Boss wenig später. SPD-Fraktionschef Peter Struck rüffelt seinen Abgeordneten für die digitale Abkürzung vom parlamentarisch vorgesehenen Prozedere. Schneller sein, und dafür auch mal einstecken - das sind zwei immer wiederkehrende Wegmarken in der politischen Laufbahn Garrelt Duins aus Hinte. "Es war ein Missgeschick", erklärt der Ostfriese acht Monate später in seinem Büro im Berliner Paul-Löbe-Haus. "Meine Frau saß damals auf der Fraktionsebene zwischen Journalisten. Sie hörte, wie diese Köhlers Wahlergebnis kolportierten, simste es mir - und dann nahm alles seinen Lauf." Seitdem ist Duin seltener auf dem Internet-Tagebuch zu lesen. Er hat genug mit dem Auf und Ab in der Gegenwart zu tun: Bei den Wahlen zum SPD-Präsidium fiel er im vergangenen November als einziger Kandidat durch, dafür ist er seit dieser Legislatur wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion und auch des konservativen "Seeheimer Kreises" in der SPD-Fraktion. "Ich habe eben Meinungen", erklärt er seine nicht gerade triumphalen Wahlergebnisse. "Ich wiederhole nicht, was andere richtig finden." Bei den Wahlen zum SPD-Landesparteichef in Niedersachsen kam er 2005 auf 77,5 Prozent, drei Jahre später nur noch auf 75,9 Prozent.

Die Politik lernte er schon von Kindesbeinen an in seinem Dorf kennen. Sein Vater war Gemeindedirektor bei den 7.000 Hinteranern. Der kleine Garrelt sah die Lokalgrößen ständig auf dem elterlichen Hof. Auf den ersten Blick eine schnörkellose Karriere: Eine sozialdemokratische Familie, mit 17 zu den Jusos. Duin gründete in Hinte die Ortsgruppe - und saß zum ersten Mal zwischen allen Stühlen.

Da waren zum Beispiel die Junggenossen in der nahen Stadt Emden. "Die waren mir zu theorielastig". Duin kümmerte sich um Recyclingpapier für die Gemeinde, und er legte sich mit den Alphatieren des Ortes an, weil er für das kommunale Wahlrecht von Ausländern stritt. Dann ging alles sehr schnell. Der Großgewachsene fiel auf. Weil er klar, überzeugt und überzeugend redete und Ruhe ausstrahlte. Mit 22 reiste er als jüngster Delegierter überhaupt zum SPD-Bundesparteitag nach Berlin. Dann folgte die Ochsentour im Bezirksverband und als Ratsherr. 1999 wurde er zum Ersatzkandidaten für die Europawahlen ernannt - und zog ein Jahr später im Alter von 32 Jahren für den verstorbenen Abgeordneten Günter Lüttge ins Europäische Parlament. "Sonst wäre ich Kirchenjurist geworden", sagt Duin, und offenbart damit zumindest eine Leidenschaft neben der Politik: Neben Jura studierte Duin auch Theologie. Kirchenrecht interessierte ihn besonders, denn sein Vater ist Präses der Evangelisch-reformierten Kirche.

Als dann im Januar 2005 der SPD-Wahlkreisabgeordnete Jann- Peter Janssen wegen nicht deklarierter Zuwendungen von VW auf sein Bundestagsmandat verzichtete, sprang Duin wiederum ein - und läutete einen neuen Politikstil ein: Auf seiner Homepage gibt er die genaue Höhe seiner Nebeneinkünfte an.

Duin wurde in den Bezirksverbänden Niedersachsens groß. Sein Ziel als SPD-Landeschef war es in den vergangenen fünf Jahren immer, dem schwächsten Landesverband der Sozialdemokraten in Deutschland mehr Schlagkraft zu verleihen.

Am 29. Januar zog sich der 41-Jährige Niedersache jedoch vom Landesvorsitz zurück. Er werde auf dem Landesparteitag im Mai nicht mehr erneut kandidieren, teilte er seinen Parteifreunden in einer Erklärung mit. Er wolle den Weg für einen Neustart an der Spitze der Niedersachsen-SPD frei machen und "das Negative der Vergangenheit hinter sich lassen". Duin blickt schon wieder nach vorne: Er will sich nun auf seine Aufgaben als Bundestagsabgeordneter konzentrieren.