Wie konnte es dazu kommen, dass nach dem Ende des Kalten Kriegs, konkret während der "imperialen Präsidentschaft" von George W. Bush, die demokratischen Grundlagen der USA derart beschädigt wurden? Warum war in den USA von einer Verfassungskrise die Rede? Auf diese komplexen Fragen versucht einer der besten Kenner der US-Nachkriegspolitik, Bernd Greiner, zu antworten.
Wie kein anderer Präsident vor ihm habe George W. Bush seine Amtsbefugnisse ausgeweitet. Unter dem Schutzschild der "nationalen Sicherheit" und der Wahrung der "nationalen Interessen" habe er ohne Absprache mit dem Kongress Maßnahmen angeordnet, die die Freiheiten der Bürger einschränkten. Im Gespräch mit dem Journalisten Bob Woodward sagte der Präsident beispielsweise: "Ich habe nicht das Gefühl, dass ich irgendwem eine Erklärung schuldig bin." Greiner vergisst auch nicht, die Rolle von Vize-Präsident Richard Cheney bei der "Selbstermächtigung der Exekutive" zu beleuchten. Denn tatsächlich war es Cheney, der den Kongress aus den Entscheidungsprozessen insbesondere in der Frage von Krieg oder Frieden ausschloss.
Gleichwohl bleiben kritische Anmerkungen: Kaum jemand würde bezweifeln, dass der linksextremistische Terrorismus - zum Beispiel der RAF - mit Anti-Kapitalismus und Marxismus-Leninismus in Verbindung steht. Professor Greiner vom Hamburger Institut für Sozialforschung versteigt sich jedoch zu der Behauptung, die Selbstmordattentäter von 11. September 2001 hätten mit dem Islam nichts zu schaffen. Der Autor führt die Attentate zwar auf soziale Entwurzelung und Antiamerikanismus zurück, religiöse Motivationen nennt er jedoch nicht.
Über diese und andere Aussagen sollte man mit Greiner streiten. Sie mindern den Wert seiner exzellenten Arbeit jedoch kaum. Sie fasst die besten in den USA veröffentlichten Studien und journalistischen Recherchen der letzten zehn Jahre zusammen. Zugleich ist dem Autor eine gut lesbare Analyse der Hintergründe der Terroranschläge vom 11. September gelungen.
9/11. Der Tag, die Angst, die Folgen.
C.H. Beck Verlag, München 2011; 280 S., 19,95 €