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Kurz notiert

01.08.2011
2023-08-30T12:16:47.7200Z
7 Min

Grüne: Ehe für gleichgeschlechtliche Paare

Gleichgeschlechtliche Paare sollen nach Meinung von Bündnis 90/Die Grünen die Ehe eingehen können. Dazu ist eine Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs erforderlich, erklären die Grünen in einem Gesetzentwurf (17/6343). Angesichts des gesellschaftlichen Wandels und der damit verbundenen Änderung des Eheverständnisses gebe es keine haltbaren Gründe, homo- und heterosexuelle Paare unterschiedlich zu behandeln, heißt es in dem Entwurf.

SPD will Ost-West-Gefälle bei Renten beenden

Die SPD-Fraktion fordert eine sofortige Ost-West-Angleichung von pauschal bewerteten Versicherungszeiten für die Rentenversicherung. In ihrem Antrag (17/6487) kritisiert die Fraktion, dass die Anrechnung von Kindererziehungszeiten, des Wehr- und Zivildienstes, einer Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen und von Zeiten für die Pflege von Angehörigen im Osten zu niedrigeren Rentenanwartschaften führen als im Westen. Einheitliche Entgeltpunkte für die genannten Versicherungszeiten würden die bestehende Ungleichheit beenden, so die Abgeordneten.

Linke gegen Wissenschaftsprekariat

Befristete Arbeitsverträge in der Wissenschaft sollen eingedämmt werden. Das fordert die Fraktion Die Linke in einem Antrag (17/6488). Deshalb schlägt sie vor, das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) zu überarbeiten. Dort soll unter anderem eine Mindestvertragslaufzeit für wissenschaftliche Mitarbeiter von einem Jahr festgelegt werden. Ferner verlangt die Fraktion, die Vertragslaufzeiten an die Dauer der Qualifizierungsphase beziehungsweise bei Drittmittelfinanzierung an die Förderdauer der Projekte zu binden.

Kürzere Wartezeit auf Schwerbehindertenausweis

Menschen mit Behinderungen sollen schneller einen Schwerbehindertenausweis bekommen. Dafür setzt sich die Fraktion Die Linke in einem Gesetzentwurf (17/6586) ein. Das Neunte Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) schreibe bisher keine konkrete Frist vor, innerhalb derer die Betroffenen einen Ausweis erhalten sollen. Das führe zu Wartezeiten von durchschnittlich 13 Wochen, schreiben die Abgeordneten. Sie wollen deshalb im SGB IX eine Frist von fünf Wochen von Antragstellung bis Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises festschreiben.

Linke fordert Schutz vor »Abmahnindustrie«

Die Fraktion Die Linke will Privatpersonen besser vor Verfolgungen bei Urheberrechtsverletzungen schützen. In ihrem Entwurf eines Gesetzes "zur Begrenzung der Haftung und der Abmahnkosten bei Urheberrechtsverletzungen" (17/6483) schreibt die Fraktion, dies sei ein "einträgliches Geschäft" zugunsten einer "fragwürdigen, selbstreferentiellen Abmahnindustrie". Sie fordert unter anderem, die Schadensersatzansprüche auf "vorsätzlich handelnde Unternehmer" zu beschränken.

Keine Nachteile bei Insolvenz einer Krankenkasse

Als Folge der City-BKK-Insolvenz will die SPD-Fraktion dafür sorgen, dass Versicherte bei Schließung einer gesetzlichen Krankenkasse keine Nachteile haben. Insbesondere dürfe es keine Lücken im Versicherungsschutz oder im Leistungsbezug geben, fordert die Fraktion in einem Antrag (17/6485). Die SPD verlangt von der Bundesregierung in diesem Zusammenhang, "die willkürliche Begrenzung des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs" (Morbi-RSA) auf 50 bis 80 Krankheiten abzuschaffen.

Aus für Militärischen Abschirmdienst gefordert

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert die Bundesregierung auf, den Militärischen Abschirmdienst (MAD) aufzulösen und seine Aufgaben im Inland an das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und im Ausland an den Bundesnachrichtendienst (BND) zu übertragen. Die Grünen begründen ihren Antrag (17/6501) mit Parallelstrukturen und Mehrfachzuständigkeiten zwischen den drei deutschen Geheimdiensten. Dies erschweren nach Ansicht der Grünen die Kontrolle der Geheimdienste durch die Ausschüsse und Gremien des Bundestages. Zudem entfalle für den MAD durch die Aussetzung der Wehrpflicht zum 1. Juli dieses Jahres die Aufgabe, laufend extremismusverdächtige Wehrpflichtige zu überprüfen.

Die Hauptverantwortung für den Bau der Mauer und alle ihre Folgen trägt die ostdeutsche kommunistische Führung. Zu diesem Ergebnis kommt die US-amerikanische Historikerin Hope M. Harrison in ihrem herausragenden Buch. Alle anderslautenden Behauptungen der damaligen SED-Führung, die Schuld liege bei der Sowjetunion und beim Kalten Krieg, seien nichts als freche Lügen.

Dank ihrer langjährigen Archivforschungen in Russland, Deutschland und den USA gelang Harrison eine detaillierte Analyse der internationalen Lage, insbesondere der sowjetisch-ostdeutschen Beziehungen nach dem Tod Stalins im März 1953 bis zum Mauerbau 1961. In einer klaren Sprache und präzisen Bewertungen informiert die Autorin den Leser über die Komplexität dieser bilateralen Beziehungen, um festzustellen, dass es Walter Ulbricht selbst gewesen sei, der jahrelang versucht hatte, Berlin abzuriegeln. Ulbricht verlangte die Grenzschließung, doch bis zum Sommer 1961 gab Moskau diesen Bestrebungen nicht nach. Harrison erklärt, warum Nikita Chruschtschow schließlich einlenkte und die Sowjetunion das Vorhaben militärisch unterstützte.

Die Autorin weist auf den überraschend großen Handlungsspielraum hin, den Ulbricht seit Stalins Tod 1953 hatte: "Nicht nur Washington, sondern auch Moskau fiel es mitunter schwer, seinen Verbündeten unter Kontrolle zu halten." Während der Berlin-Krise (1958 bis 1961) handelte Ulbricht "immer eigenständiger", obwohl Chrusch-tschow ihn ermahnt hatte, in Berlin keine Alleingänge zu unternehmen, solange er sich um eine Einigung mit dem Westen bemühte. Obwohl beide den Sozialismus in der DDR dauerhaft durchsetzen wollten, war Moskau bestrebt, die Beziehungen zum Westen zu verbessern. Zudem musste die Sowjetunion nicht nur die USA im Auge behalten, sondern auch die Volksrepublik China. Dagegen ging es Ulbricht vor allem darum, seine persönliche Macht und die Stabilität seiner Herrschaft zu sichern und die Ziele der DDR hartnäckig zu verfolgen.

Hope M. Harrison:

Ulbrichts Mauer. Wie die SED Moskaus Widerstand gegen den Mauerbau brach.

Neben Hiroshima, Auschwitz und der Freiheitsstatue gehörte die Berliner Mauer zu den großen "politischen Ikonen der Menschheit", schreibt Klaus-Dietmar Henke, Herausgeber des gleichnamigen Sammelbandes über die Mauer. Insgesamt 29 Autoren wollen dem Leser ein interdisziplinär umfassendes Bild des DDR-Bauwerks vermitteln. Auch wenn die Mauer materiell fast verschwunden und in der Hauptstadt nur noch fragmentarisch zu finden ist, sei "sie gegenwärtiger denn je", meint Henke. Aber auch ohne diese eher kryptische Bemerkung sind die herausragenden Artikel über die Vorgeschichte des Mauerbaus, die Politik der SED gegenüber der Sowjetunion und den Alliierten oder über die Bedeutung der Mauer als "antifaschistischer Schutzwall" zur Lektüre empfohlen. Für viele Jahrzehnte spaltete die Mauer Deutschland in zwei Hälften, heute ist sie nur noch eine schlechte Erinnerung: Die Mauer trennte Familien; Flüchtlinge aus Ost-Berlin oder der DDR konnten sie nicht ohne Passierschein überwinden - es sei denn, sie setzten ihr Leben aufs Spiel.

In der gut strukturierten Studie schildern Wissenschaftler und Bürgerrechtler das frühere DDR-Grenzregime und die Sperranlagen, sie berichten von geglückten und gescheiterten Fluchtversuchen und schließlich über die Öffnung der Mauer und ihr Ende. Besonders interessant sind die Artikel über die Bedeutung der Mauer in der Erinnerungskultur der Deutschen sowie über ihre Rolle für Literatur, Film und darstellende Kunst. "Wir werden die Mauer nicht vermissen, aber die Mauerkunst", bemerkte der frühere Regierende Bürgermeister von Berlin, Walter Momper, dazu.

Unmittelbar nach ihrer Errichtung diente die Westseite der Mauer als Projektionsfläche für politische Parolen: Die Menschen drückten auf diese Weise ihre Empörung und ihren Abscheu über die "Schandmauer" aus. Danach wurde die Mauer zur "längsten Leinwand der Welt", bevor sie schließlich abgerissen wurde und nahezu vollständig aus dem Stadtbild verschwand.

Klaus-Dietmar Henke (Hg.):

Die Mauer. Errichtung, Überwindung, Erinnerung.

Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2011; 607 S., 24,90 €