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Kurz notiert

30.01.2012
2023-08-30T12:17:24.7200Z
5 Min

Kinderkommission lobt Tusch-Theaterprojekte

Die Vorsitzende der Kinderkommission des Bundestages, Nicole Bracht-Bendt (FDP), hat die Arbeit des Kooperations-Netzwerks "Theater und Schulen" (Tusch) ausdrücklich gelobt. Nach einem Besuch der Kinderkommission bei einem Theaterprojekt an der Berliner Rotenburg-Grundschule in der vergangenen Woche sagte die Parlamentarierin: "Das Projekt sollte im wahrsten Sinne des Wortes überall Schule machen. Das Theaterspiel fördert auf spielerische Weise das Selbstbewusstsein und das soziale Verhalten von Kindern und Jugendlichen." In dem Netzwerk sind 122 Berliner Schulen und 40 Theater aktiv. Neben Theaterprojekten bietet "Tusch" künstlerische Werkstattangebote und Fortbildungen für Lehrer und Künstler. In sieben deutschen Städten und Regionen existieren Nachfolgeprojekte.

Grüne: Sofortprogramm für barrierfreies Filmangebot

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert die Bundesregierung auf, aus den bestehenden Haushaltsmitteln ein Sofortprogramm "Barrierefreier Film" in Höhe von mindestens 250.000 Euro aufzulegen. Zudem soll sie gemeinsamen mit den Bundestagsfraktionen weitere kurzfristige und langfristige Maßnahmen entwickeln, um das barriefreie Filmangebot in Deutschland auszuweiten. In ihrem Antrag (17/8355) argumentieren die Grünen, dass das deutsche Filmangebot für hör- und sehbehinderte Menschen hinter dem anderer europäischer Länder zurückbleibe. Behinderte würden somit vom kulturellen Leben ausgeschlossen.

Das sinnlose, millionenfache Sterben des Zweiten Weltkrieges dauerte bis zur allerletzten Minute: Im Winter 1944/45 lässt die SS alle Konzentrationslager evakuieren, die alliierten Truppen in die Hände zu fallen drohen. Schwache und kranke Insassen werden zurückgelassen oder getötet, alle anderen zu Fuß oder mit dem Zug in Lager innerhalb des Reichsgebietes gebracht. Von den über 700.000 Häftlingen, die Anfang Januar 1945 registriert sind, kommen bei diesen sogenannten Todesmärschen 250.000 ums Leben: verhungert, erfroren, erschossen, erschlagen. Oder bei lebendigem Leibe verbrannt - so geschehen bei einem Massaker im altmärkischen Gardelegen. Dort wurden noch am 13. April 1945 über 1.000 Überlebende eines Todesmarsches in eine Scheune gesperrt und verbrannt. Wer zu entkommen versuchte, der wurde von Maschinengewehren niedergeschossen.

Der israelische Historiker Daniel Blatman stellt dieses letzte Kapitel nationalsozialistischer Vernichtungspolitik erstmals umfassend dar. Seine detailreiche Studie ist das Ergebnis jahrelanger Recherche in amerikanische und europäischen Archiven. Eine Pionierarbeit, die anhand vieler Beispiele zeigt: Anders als zuvor spielten sich die Ereignisse nicht mehr im fernen Osteuropa ab , sondern auf deutschen Straßen und Feldern. Und die Mörder stammten nicht mehr nur aus der SS, Polizei oder Wehrmacht. Brutalisiert durch Krieg und NS-Propaganda beteiligten sich viele Zivilisten an den Massakern und der Hatz auf flüchtende "Volksfeinde", ohne, dass es einen eindeutigen, zentralen Mordbefehl aus Berlin gegeben hätte. Im Chaos des untergehenden Staates, als der Verwaltungsapparat längst zusammengebrochen war, haben vielmehr Rachegefühle, Angst und Vorurteile die Menschen dazu getrieben. Auch in Gardelegen. Blatman weist an diesem besonders eindrücklichen Beispiel nach, dass dieses Massaker von dem örtlichen NSDAP-Gauleiter verantwortet wurde, der sich einbildete, die Überlebenden würden Rache nehmen.

Ein schockierendes, wichtiges Buch.

Daniel Blatman:

Die Todesmärsche 1944/45. Das letzte Kapitel des national- sozialistischen Massenmords.

Rowohlt Verlag,

Reinbek 2011; 860 S., 34,95 €

Begleitet von verbalen Drohungen und Protesten der türkischen Regierung hat Frankreich die Leugnung des "Völkermordes" an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs im Osmanischen Reich unter Strafe gestellt. Der Senat in Paris verbschiedete am vergangenen Montag einen entsprechenden Gesetzentwurf. Frankreich hatte bereits im Jahr 2001 die Vertreibung und die Massaker an den Armeniern zwischen 1915 und 1917 offiziell als Völkermord anerkannt.

Bei den Vertreibungen und Massakern sollen bis zu 1,5 Millionen Armenier getötet worden beziehungsweise gestorben sein. Die Türkei bestreitet den vorsätzlichen Völkermord bis heute und gibt die Opferzahl mit maximal 500.000 an.

Auch der Bundestag hatte sich 2005 den Unmut Ankaras zugezogen. In einem einstimmig verabschiedeten Antrag hatte er des Genozids an den Armeniern gedacht und dabei ausdrücklich die "unrühmliche Rolle" des Deutschen Reichs bedauert. Die Deutschen hätten damals nicht einmal versucht, ihren türkischen Verbündeten von den Massakern abzuhalten.

Diese "unrühmliche Rolle" hatte nach dem Ersten Weltkrieg erstmals Armin T. Wegner angeprangert. Er hatte während des Krieges als Sanitäter die Vertreibung der Armenier als Augenzeuge beobachtet und auch fotografiert. Ab 1919 hielt er in Deutschland und Österreich mehrfach einen öffentlichen Lichtbildvortrag über den Völkermord. "So ungeheuer war das Verbrechen, das hier begangen wurde, dass sein Echo selbst während des Weltkrieges erschütternd über die Grenzen aller Länder drang; nur in das Herz Deutschlands und Österreichs nicht, die man auf das Schändlichste darüber belogen hatte," kritisierte er bei einem Vortrag im Jahr 1924 in Wien. Bei deutsch-nationalen Zuhörern rief Wegner mit seiner These von der Mitschuld des Deutschen Reichs heftige Gegenreaktionen hervor.

Den Text und die Fotos von Wegners Lichtbildvortrag hat der Germanist Andreas Meyer nun in einer hervorragenden historisch-kritischen Edition publiziert: Ein erschreckendes aber wichtiges Zeitdokument.

Armin T. Wegner:

Die Austreibung des armenischen Volkes in die Wüste.

Wallstein Verlag, Göttingen 2011; 216 S., 24 €