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Kurz notiert

29.10.2012
2023-08-30T12:17:40.7200Z
5 Min

Vorstoß zum Kooperationsverbot

Der Erfolg in der Bildung hängt in keinem anderen OECD-Land so sehr vom Elternhaus ab wie in Deutschland. Das macht laut der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Bericht "Bildung in Deutschland 2012" deutlich. "Eine ungerechte Bildungspolitik und ein unzureichendes Bildungssystem spalten unsere Gesellschaft in Gewinner und Verlierer, in Arme und Reiche", schreiben die Grünen in ihrem Antrag (17/11074), den der Bundestag am vergangenen Donnerstag in erster Lesung in die Ausschüsse überwies.

Die Grünen fordern die Bundesregierung auf, einen Entwurf für eine Verfassungsänderung zur umfassenden Aufhebung des Kooperationsverbots zwischen Bund und Ländern zu erarbeiten. Zudem soll ein neues Ganztagsschulprogramm zur Verwirklichung inklusiver Bildung vorgelegt werden. Außerdem erwarten die Grünen, dass der Unterfinanzierung des Bildungswesens entgegengewirkt wird und das schnellstmöglich mindestens zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Bildung investiert werden. 

Linke und Grüne fordern inklusive Bildung

Die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen fordern die Bundesregierung auf, das deutsche Bildungssystem inklusiv zu gestalten, um die Chancengleicheit auch von Menschen mit Behinderung zu gewährleisten. Der Bundestag überwies die beiden Anträge (17/11143, 17/11163, ) am vergangen Donnerstag in erster Lesung in die Ausschüsse. Die beiden Fraktionen verweisen auf die von Deutschland unterzeichnete UN-Behindertenrechtskonvention, mit der sich die Bundesrepublik verpflichtet habe, jedem Menschen Chancengleichheit in der Bildung zu ermöglichen. Übereinstimmend fordern Linke und Grüne die Regierung auf, zusammen mit den Ländern und den Kommunen ein entspreches Programm zu entwickeln. Dazu gehöre auch die Qualifikation des pädagogischen Personals. Dafür müsste das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern aufgehoben werden. Zudem sprechen sie sich für einen Rechtsanspruch auf inklusive Bildung aus.

Mehr Transparenz in Wissenschaft verlangt

Der Wissenschaftsbereich soll nach Ansicht der Grünen transparenter werden. Die Fraktion fordert in ihrem Antrag (17/11029), dass die Bundesregierung gemeinsam mit den Bundesländern, Wissenschaftsorganisationen und den Hochschulen dieses Ziel verbindlich festschreibt. Dabei ist es den Grünen wichtig, dass im Einklang mit dem Vorschlag der Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" die Zuwendung öffentlicher Mittel für Forschungsprojekte an die Bedingung geknüpft wird, dass die Mittelempfänger die Forschungsergebnisse in allgemeinverständlicher Form in frei zugänglichen Datenbanken darlegen. Zudem fordern sie in ihrem Sieben-Punkte-Plan, dass wesentliche Informationen zu vertraglichen Kooperationen zwischen öffentlich finanzierten Einrichtungen und Dritten grundsätzlich im Internet veröffentlicht werden.

Mao wusste Bescheid: "Ein einziger Funke kann einen Steppenbrand auslösen." Die Funken, die die Kommunistischen Partei Chinas heute fürchten muss, kommen aus allen Himmelsrichtungen angeflogen. Die Rede ist von Umwelt- und Naturkatastrophen, Zugunglücken oder Gefahren für die öffentliche Gesundheit. Eine Kettenreaktion solcher Ereignisse wäre schwer einzudämmen und könnte für das Regime gar in einer Katastrophe enden. Deshalb werde jede Krise von der Partei als mögliche existenzielle Bedrohung gewertet und direkt "neutralisiert". Zu diesem Schluss kommt der amerikanische Autor William J. Dobson in seinem Buch "Diktatur 2.0". Die Führung in Peking habe stets den Zusammenbruch der Sowjetunion vor Augen. Für die Kaste der kommunistischen Technokraten sei dies jedoch lediglich Ansporn, umso härter für den Erhalt ihrer Macht zu kämpfen. Die Regime in China und auch in Russland setzen nach Dobson alles daran, eine unpolitische Generation heranzuziehen, die sich mehr für das Geldverdienen interessiert als für das Anzetteln von Revolutionen.

In seinem grandiosen Buch nimmt der langjährige Chefredakteur des Magazins "Foreign Policy" auch die politischen Entwicklungen in Venezuela, Ägypten, Malaysia und Syrien unter die Lupe. Er vergleicht die Herrschaftssysteme und definiert den Begriff "Diktatur" im Internet-Zeitalter neu. Despoten hätten es heute schwerer als vor zwanzig Jahren. Nach dem Ende des Kalten Krieges hätten sie ihren Schutzpatron, die Sowjetunion, verloren. Zudem gebe es heute ein Heer westlicher Wahlbeobachter und Journalisten, die jede Menschenrechtsverletzung und jeden Wahlbetrug akribisch dokumentierten.

Dobson untersuchte die Regime vor Ort und führte zahlreiche Interviews mit Oppositionspolitikern. Sein Fazit: Die Diktatoren sind weitaus raffinierter, gerissener und wendiger als früher. Am Ende bleibt nur die Frage: Warum erwähnt Dobson das autoritäre Regime des amerikanischen Verbündeten Saudi Arabien nicht?

Willam J. Dobson:

Diktatur 2.0. Ein Frontbericht.

Karl Blessing Verlag, München 2012; 495 S.,19,95 €

Es sind zuletzt auffällig viele Bücher erschienen, die sich kritisch mit Israel auseinandersetzen. Dazu zählt auch das Werk des israelischen Autors Gershom Gorenberg: "Israel schafft sich ab" heißt der durchaus provokante Titel des Buches. Gorenberg prophezeit der Demokratie seines Landes eine düstere Zukunft. Ein Grundübel sieht er in der Besetzung der palästinensischen Gebiete. Die jüdischen Siedlungen dort sind für ihn "ein breit angelegter Angriff auf die Rechtsstaatlichkeit", weil für israelische Siedler anderes Recht gelte als für Palästinenser. Israel rüttle damit "blindlings an seinen eigenen Grundfesten".

Der Wendepunkt war für Gorenberg der Sechstagekrieg 1967: "Im Augenblick seines Triumphes begann Israel (…), sich selbst zu zersetzen." Nach dem selbst für Israel überraschenden Sieg macht Gorenberg eine allgemeine Ratlosigkeit aus: Was tun mit den eroberten Gebieten? "Durch das politische Vakuum gewann eine kulturelle Disposition die Oberhand. Der Siedlungsbau war ein zionistischer Wert, insbesondere einer der zionistischen Linken. Nun gab es neues Land, das besiedelt werden konnte."

Eine weitere Gefahr für die Demokratie ist für Gorenberg die Partnerschaft zwischen religiösen Zionisten und säkularen Politikern. Der Staat finanziere etwa in großem Maße ultraorthodoxe Schulen und Strenggläubige, die sich ausschließlich dem religiösen Studium widmen. So seien starke Milieus weltabgewandter Gläubiger entstanden, die zwar vom Staat leben - eben diesen aber ablehnen.

Gorenberg ist weniger ein Israelkritiker als vielmehr Anhänger einer liberalen Demokratie und einer strikten Trennung von Religion und Staat. Die Idee des (säkularen) Zionismus stellt er nicht infrage. Auch über den Siedlungsbau im arabischen Teil von Jerusalem schweigt er. Manche seiner Warnungen sind allzu alarmistisch, etwa wenn er Israel mit Pakistan vergleicht. Und dennoch: Seine Kritik ist fundiert und alles andere als überzogen. Gorenberg führt sehr eindringlich vor Augen, warum Israel den Siedlungsbau bis heute nicht gestoppt hat.

Gershom Gorenberg:

Israel schafft sich ab.

Campus Verlag, Frankfurt/M. 2012; 316 S., 19,99 €