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Igal Avidan
Kurz notiert

Während in Berlin das Denkmal für die von den Nationalsozialisten ermordeten Roma und Sinti feierlich eingeweiht wurde, liefen die Abschiebungen von Roma nach Osteuropa zeitgleich weiter. Der gängige doppelte Umgang mit den Roma - Mitleid einerseits, Verachtung andererseits - spiegelt sich auch im Titel des Buches "Arme Roma, Böse Zigeuner".

Der langjährige Balkan-Korrespondent der "Frankfurter Rundschau", Norbert Mappes-Niediek, beantwortet gängige Fragen über die größte Minderheit in Europa: Sind die Roma eine Nation oder eine soziale Unterschicht? Warum kommen sie hierher? Sind sie ein Problem oder haben sie eines? Durch Fakten gelingt es ihm, Vorurteile abzubauen, zum Beispiel, dass die Roma faul seien.

In Rumänien, wo mit die meisten Roma in Europa leben, gab es beim Zerfall des Kommunismus acht Millionen Erwerbstätige, heute sind es nur noch viereinhalb Millionen. Fast alle, die entlassen wurden, waren Roma, weil sie die schlechteste Ausbildung und die einfachsten Jobs hatten. Rund zwei Millionen Rumänen suchten Arbeit in Westeuropa, die meisten von ihnen waren jedoch keine Roma.

Nach den Recherchen von Mappes-Niediek differenziert kein europäisches Land die Täter in der Kriminalitätsstatistik nach der "Volksgruppe". Die gängige Behauptung, die Roma seien besonders kriminell, lässt sich also weder beweisen noch dementieren. In 70 Prozent der Medienberichte über Roma geht es aber um Kriminalität. Ein Umstand, der gängigen Vorurteile verfestigt.

In Deutschland gelten die Roma als gut integriert. Um Diskriminierungen zu entgehen, gaben sie sich aber als Jugoslawen aus, nach 1991 als Serben oder Mazedonier.

Es gibt kein "Roma-Problem" in Europa , betont Norbert Mappes-Niediek, sondern ein großes Armutsproblem, das den Roma angelastet wird. "Arme Roma, böse Zigeuner" ist ein sehr lesenswertes Buch, das vieles Klischees zerstreut und bildhaft und poetisch das Leben in den Roma-Siedlungen beschreibt.

Norbert Mappes-Niediek:

Arme Roma, böse Zigeuner. Was an den Vorurteilen über die Zuwanderer stimmt.

Ch. Links Verlag, Berlin 2012, 208 S., 16,90 €

Aus Politik und Zeitgeschichte

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