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"Euro Hawk" im Visier

VERTEIDIGUNG Untersuchungsausschuss will gescheitertes Drohnen-Projekt noch bis Ende August klären und verunsichert Firmen blindtext geht weiter bis zum…

01.07.2013
2023-08-30T12:24:02.7200Z
3 Min

In nur acht Wochen will der Bundestag Licht ins Dunkel des gescheiterten Drohnenprojektes "Euro Hawk" bringen. Vergangene Woche konstituierte sich der Verteidigungsausschuss deshalb als Untersuchungsausschuss. Der Einsetzungsbeschluss erfolgte mit den Stimmen aller Fraktionen. Bis zum 31. August wollen die 34 Mitglieder des Ausschusses unter dem Vorsitz von Susanne Kastner (SPD) "den Umgang der Bundesregierung mit dem Entwicklungsvorhaben ,Euro Hawk' unter vertraglichen, rechtlichen, haushalterischen, militärischen, technologischen und politischen Gesichtspunkten untersuchen sowie die Aufklärungs- und Informationspraxis der Bundesregierung zu diesem Vorgang überprüfen". So heißt es im Untersuchungsauftrag des Ausschusses.

Durch insgesamt 14 Fragenkomplexe will sich der Ausschuss arbeiten. Für die Oppositionsfraktionen SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen steht dabei vor allem die Frage im Vordergrund, zu welchem Zeitpunkt Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) durch sein Ministerium über die Probleme, die schließlich zum Ausstieg aus dem Rüstungsprojekt führten, informiert wurde und ob er nicht zu spät die Konsequenzen daraus gezogen hat. Geklärt werden soll aber auch, ob dem Minister Informationen vorenthalten wurden und wer dafür die Verantwortung trägt.

Fehlende Genehmigung

Mitte Mai hatte das Verteidigungsministerium den Bundestag über den Ausstieg aus dem "Euro Hawk"-Projekt informiert. Der Ausstieg erfolgte mit der Begründung, dass die Flugsicherheitsbehörde der Europäischen Union den Einsatz der Aufklärungsdrohne nur über unbewohntem Gebiet genehmigen würde, da sie kein für den zivilen Luftverkehr zertifiziertes automatisches Antikollisionssystem besitze. Laut der Herstellerfirmen EADS und Northrop Grumman sind elektronische Systeme zur Kollisionsvermeidung Bestandteil der von Deutschland bestellten Drohnen. Allerdings sind diese nicht zertifiziert. Eine nachträgliche Zertifizierung würde nach Schätzungen allerdings zwischen 500 und 600 Millionen Euro kosten. Bislang sind bereits rund 600 Millionen Euro in die Entwicklung der Drohne investiert worden. Zumindest die entwickelten Aufklärungssensoren könnten in einem anderen Flugzeugtyp Verwendung finden. Auch über die konkreten Kosten des Projekts soll der Untersuchungsausschuss Klarheit schaffen.

Zeugen und Akten

Auf den Untersuchungsausschuss wartet in den kommenden zwei Monaten ein wahres Mammutprogramm: An voraussichtlich sechs Tagen vom 22. bis 24. Juli und vom 29. bis 31. Juli will er allein 18 Zeugen vernehmen. Neben Verteidigungsminister de Maizière will er auch seine Amtsvorgänger Franz Josef Jung (CDU) und Rudolf Scharping (SPD) befragen. Auch hohe Militärs und Ministerialbeamte sowie Vertreter der Herstellerfirmen sollen angehört werden. Das Drohnen-Projekt "Euro Hawk" war Anfang der 2000er Jahre von Scharping angestoßen worden. Im Januar 2007 wurde schließlich der Vertrag mit den Herstellerfirmen geschlossen.

Auf die ursprünglich geplante Ladung von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück in seiner Funktion als ehemaliger Finanzminister in der Großen Koalition von 2005 bis 2009 verzichteten die Koalitionsfraktionen, nachdem die SPD gedroht hatte, auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als Zeugin zu laden.

Vor den Zeugenbefragungen wollen die Abgeordneten jedoch zunächst Einblick in die Akten und Unterlagen zum "Euro Hawk"-Projekt nehmen. Rund 100 Beweisanträge sind hierfür gestellt. Über den Abschlussbericht des Ausschusses kann der Bundestag dann in Anfang September in der voraussichtlich letzten Sitzungswoche vor der Bundestagswahl am 22. September beraten. "Sehr sportlich" findet denn auch Markus Grübel, Obmann der CDU-Ftaktion im Untersuchungsausschuss, das Vorhaben.

Rechtsgrundlage

Der Verteidigungsausschuss ist der einzige der Bundestagsausschüsse, der sich als Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Absatz 2 des Grundgesetzes konstituieren kann, wenn dies ein Viertel seiner Mitglieder verlangt. In Verteidigungsfragen kann der Bundestag auch keinen anderen Untersuchungsausschuss einsetzen, sondern muss den Verteidigungsausschuss beauftragen, einen Sachverhalt zu klären.

Zuletzt hatte sich der Verteidigungsausschuss im Dezember 2009 als Untersuchungsausschuss konstituiert. Er sollte die Umstände der Bombardierung von zwei durch Taliban-Kämpfer entführten Tanklastern nahe der afghanischen Stadt Kundus und die Informationspolitik der Bundesregierung darüber klären. Der Luftangriff durch zwei US-Kampfjets, bei dem auch rund 90 Zivilisten getötet und etliche verletzt worden waren, war von dem deutschen Oberst Georg Klein angefordert worden. Der Kommandeur der deutschen Isaf-Truppen in Kundus hatte befürchtet, dass die Taliban die Tanklaster für einen Anschlag nutzen könnten.