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Komplizierte Rechtsfragen: Der Wahlprüfungsausschuss

16.09.2013
2023-08-30T12:24:04.7200Z
3 Min

Öffnet ein Bleistift in der Wahlkabine Manipulationen Tür und Tor? Verzerren fingierte Prognosen im Internet noch vor Ablauf der Wahl um 18 Uhr das Abstimmungsergebnis? Und was ist eigentlich, wenn sich im Wahllokal, weil es sich zum Beispiel in der Kreissparkasse befindet, eine Kamera befindet? Um solche Fragen drehten sich nur drei der insgesamt 163 Einsprüche gegen die Bundestagswahl 2009, mit denen sich der Wahlprüfungsausschuss des Bundestages in dieser Legislaturperiode beschäftigt hat.

Die Aufgabe des heute neunköpfigen Ausschusses, der in jeder Legislaturperiode direkt von Plenum neu gewählt wird und nicht mit dem größeren und nur zum Teil personenidentischen Geschäftsordnungsausschuss zu verwechseln ist: Prüfen, ob bei der Bundestagswahl oder bei der Wahl der deutschen Mitglieder des Europäischen Parlaments alles mit rechten Dingen zuging. Jeder Wahlberechtigte kann innerhalb von zwei Monaten Einspruch gegen die Wahl einlegen und so Vorbereitung und Durchführung der Wahl oder die Stimmenauszählung auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen lassen.

"Viele Wahleinsprüche betreffen komplizierte Fragestellungen, und wir müssen alle mit großer Sorgfalt prüfen", erklärt der Ausschussvorsitzende Thomas Strobl (CDU). Dazu gehöre auch, die Einsprüche der Bürger an den jeweiligen Kreis- und Landeswahlleiter oder den Bundeswahlleiter für eine Stellungnahme zu senden. Diese werde dann an den jeweiligen Beschwerdeführer übersandt, um ihm Gelegenheit zur Gegenäußerung zu geben. "Ein zeitaufwendiges Verfahren", gibt Strobl zu. Aber ein notwendiges.

Keiner der Wahleinsprüche zur letzten Bundestagswahl war übrigens erfolgreich. "In keinem Fall konnte ein Rechtsverstoß bei der Vorbereitung oder Durchführung der Bundestagswahl festgestellt werden, der sich auch auf die Sitzverteilung im Bundestag ausgewirkt hat. Beides zusammen wäre Voraussetzung dafür gewesen, die Wahl für ungültig zu erklären", erklärte der Ausschuss nach Abschluss aller Prüfungen.

Allerdings können einige der Einsprüche mögliche Schwachstellen beim Wahlrecht oder seiner Anwendung aufzeigen, auf die der Ausschuss mit Empfehlungen - sogenannten Prüfbitten - reagieren kann. Und genau das ist in der jetzt ablaufenden Wahlperiode auch geschehen. So hat der Bundestag die Bundesregierung auf eine einstimmige Empfehlung des Ausschusses gebeten, zu prüfen, ob der Rechtsschutz für nicht zur Wahl zugelassene politische Vereinigungen verbessert werden kann.

Eine ganze Reihe von Einsprüchen kam nach der Wahl 2009 von Parteien und Gruppierungen, deren Landeslisten nicht zugelassen wurden oder die aufgrund der fehlenden Parteieigenschaft gar nicht an der Wahl teilnehmen konnten. Damals bestand noch nicht die Möglichkeit, gegen die Entscheidung des Bundeswahlausschusses bereits vor der Wahl Rechtsmittel einzulegen. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa hatte das in ihrem Bericht zur Beobachtung der Bundestagswahl 2009 kritisiert.

Im Frühjahr 2012 stimmte der Bundestag für einen gemeinsamen Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen "zur Verbesserung des Rechtsschutzes in Wahlsachen". Damit können nunmehr Vereinigungen, die vom Bundeswahlausschuss nicht als Partei für eine Wahl zugelassen worden sind, noch vor dieser Wahl Beschwerde bei den Karlsruher Richtern erheben. Zwölf Vereinigungen machten im Vorfeld der anstehenden Bundestagswahl von diesem neuen Recht Gebrauch: Elf Beschwerden lehnten die Karlsruher Richter im Juli ab; eine Vereinigung schaffte es über den Umweg nach Karlsruhe am Ende doch noch auf die Wahlzettel.

Für die Abgeordneten bedeutet die Wahlprüfung mitunter Auseinandersetzung mit schwierigen Rechtsfragen. Es ist wohl kein Zufall, dass sechs der Mitglieder einen juristischen Hintergrund haben, als Anwälte und Notare tätig waren. Doch Voraussetzung für die Mitarbeit im Ausschuss ist ein Jurastudium natürlich nicht. "Als Abgeordnete sind wir Repräsentanten des Volkes, und das besteht - Gott sei Dank - auch nicht nur aus Juristen", sagt der Ausschussvorsitzende Strobl.