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Heftiger Streit über "Pflege-Bahr"

PFLEGEREFORM Opposition sieht soziale Schieflagen und lehnt Zusatzversicherung ab

07.04.2014
2023-08-30T12:26:12.7200Z
2 Min

Die Reform der Pflegeversicherung, da sind sich alle Fraktionen im Bundestag einig, in eine Herkulesaufgabe und zugleich eines der wichtigsten Projekte der Großen Koalition. Der zuständige Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) spricht in dem Zusammenhang gerne von einem "Kraftakt" und verweist auf die stark steigende Zahl der Patienten in der Pflege.

Das aktuelle Dilemma ist durchaus umfassend, denn egal von welcher Seite man die Sache betrachtet, es hakt eigentlich überall. Die Pflegekräfte sind schlecht bezahlt und überfordert, es fehlt ein Ausbildungs- und Rekrutierungskonzept, für die zunehmende Zahl schwerer Demenzerkrankungen muss der Pflegebedürftigkeitsbegriff ergänzt werden, damit auch diese Patienten angemessen versorgt werden können. Und schließlich fehlt es, wie so oft in der Gesundheitspolitik, an Geld. Nun ist die FDP raus aus dem Bundestag, geblieben ist die Anfang 2013 unter FDP-Ägide eingeführte staatlich geförderte private Pflegevorsorge. Der sogenannte Pflege-Bahr, benannt nach Gröhes Amtsvorgänger Daniel Bahr (FDP), ist seit jeher umstritten, jüngst aber relativ erfolgreich. Rund 400.000 Verträge zählte die Private Krankenversicherung (PKV) Ende Januar und rechnet mit einer Million Abschlüssen bis Ende 2014. Ursprünglich erwartet waren freilich im selben Zeitraum rund 1,5 Millionen Abschlüsse. Die Linksfraktion sieht in der Zusatzversicherung eine "sozialpolitische Fehlentscheidung", wie sie in ihrem Antrag (18/591) formulierte, über den das Bundestagsplenum am Freitag beriet, um ihn dann in die Ausschüsse zu überweisen. Pia Zimmermann (Linke) rügte, mit dem Pflege-Bahr werde das Pflegerisiko privatisiert und vom Geldbeutel der Menschen abhängig gemacht. Auch die Grünen-Abgeordnete Elisabeth Scharfenberg kritisierte, der Pflege-Bahr sei "weder gerecht noch sinnvoll". Eine staatliche Pflegevollversicherung sehen die Grünen aber wegen der hohen Kosten skeptisch.

Erwin Rüddel (CDU) sprach dagegen von einem Erfolg der Zusatzpolice und schlug vor, die private Vorsorge auszubauen und um eine Familienkomponente zu erweitern. Der Linken warf Rüddel vor, den Menschen Angst zu machen und "Wunderdinge" zu versprechen. Es sei unverantwortlich, so zu tun, als könnte der Staat alles allein richten. Die SPD-Gesundheitsexpertin Mechthild Rawert erinnerte daran, dass die staatliche Pflegeversicherung immer als Teilleistungskonzept konzipiert gewesen sei, dabei müsse es bleiben. Die Koalition werde für nachhaltige Reformen sorgen. So solle mehr getan werden für Menschen, die unter Demenz oder psychischen Krankheiten litten.