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Kurz notiert

26.05.2014
2023-08-30T12:26:14.7200Z
5 Min

Wissenschaftspreis 2014 ausgeschrieben

Der Deutsche Bundestag hat den diesjährigen Wissenschaftspreis ausgeschrieben. Der Preis würdigt dabei hervorragende wissenschaftliche Arbeiten der jüngsten Zeit, die zur Beschäftigung mit den Fragen des Parlamentarismus anregen und zu einem vertieften Verständnis parlamentarischer Praxis beitragen. Wissenschaftliche Studien können sowohl vom Autor selbst als auch durch Dritte vorgeschlagen werden. Die Werke müssen in dreifacher Ausfertigung und nach Abschluss der gegebenenfalls vorangegangenen akademischen Verfahren eingereicht werden. Ebenso beigelegt werden muss ein Lebenslauf des Verfassers. Berücksichtigt werden nur seit dem 1. Juli 2012 veröffentlichte Werke. Die Preisträger werden durch eine Fachjury aus Wissenschaftlern ausgewählt.

Anwärter und Befürworter preiswürdiger Arbeiten können ihre Bewerbungsunterlagen bis zum 15. Juli 2014 an folgende Adresse senden: Deutscher Bundestag, Fachbereich WD 1, Stichwort "Wissenschaftspreis"

Platz der Republik 1, 11011 Berlin.

Der Preis wurde anlässlich des 40-jährigen Bestehens des deutschen Parlamentes 1989 zum ersten Mal verliehen, seit 1997 im zweijährigen Turnus. Er ist mit 10.000 Euro dotiert.

Gute Nachrichten für die Nobelpreiskomitees für Frieden und Literatur: Sie haben die Chance, frühere Fehlentscheidungen und fragwürdige Nominierungen vergessen zu machen. In diesem Jahr haben die Komitees die einmalige Gelegenheit, den amerikanischen Verfassungsrechtler und Journalisten Glenn Greenwald zu ehren. Sein Buch über den Kampf für Freiheit im Internet-Zeitalter verfügt über die publizistische Wucht und weltpolitische Bedeutung, die eine solche Ehrung verdient hat.

Seit 2005 beschäftigt sich Greenwald mit den Folgen des berüchtigten "Patriot Act". Heraus kam ein Bestseller, der die massiven Angriffe auf die Bürgerrechte in den USA unter dem Vorwand des Anti-Terror-Kampfes scharf kritisiert. Zugleich verteidigt er den Whistleblower Bradley Manning, der die Drahtberichte der US-Regierung der Wiki-Leaks-Plattform zugespielt hatte.

Im Dezember 2012 erhielt Greenwald die E-Mail eines Unbekannten, der seinen Kampf für die Privatsphäre teilt und ihm riet, für die weitere Kommunikation ein Verschlüsselungsprogramm zu installieren. "Wir können gewinnen, wenn wir begreifen, durch welche Mechanismen unsere Privatsphäre verletzt wird. Letztlich müssen wir ein Prinzip durchsetzen, durch das die Mächtigen nur so viel Privatsphäre genießen können, wie auch den gewöhnlichen Menschen zugestanden wird." Dieses kurze Mail überzeugte den Journalisten und seine Kollegin, die Filmemacherin Laura Poitras. Schließlich wurde ein persönliches Kennenlernen in Hongkong vereinbart. Vor dem Treffen erhielten die beiden Journalisten eine weitere Botschaft: Darin erklärte ihr Informant, er sei bereit, "seine Freiheit aufs Spiel zu setzen und das Risiko einer höchstwahrscheinlich sehr langen Haftstrafe auf sich zu nehmen", um sämtliche Beweise der Öffentlichkeit vorzulegen. Was danach passierte, weiß heute die ganze Welt: Edward Snowden übergab Greenwald die Informationen über die NSA-Überwachungsprogramme. Greenwalds Buch ist eine Pflichtlektüre.

Glenn Greenwald:

Die globale Überwachung.

Der Fall Snowden, die amerikanischen Geheimdienste und die Folgen.

Droemer Verlag, München 2014; 366 S., 19,99 €

Der Freiburger Historiker Jörn Leonhard verzichtet darauf, mit provozierenden Thesen in Zeitungen und Talkshows zu brillieren. Von ihm sind auch keine Spekulationen über mögliche Parallelen zwischen der aktuellen Entwicklung in Osteuropa und der Vorgeschichte des Ersten Weltkriegs zu vernehmen. Leonhard behauptet auch nicht, über die einzig wahre Interpretation der Ereignisse vor 100 Jahren zu verfügen. Richtig ist allerdings, dass der Historiker das derzeit beste Buch über den Ersten Weltkrieges und seine Bedeutung für die nachfolgenden Entwicklungen vorgelegt hat.

Jörn Leonhard stellt Fragen und sucht Antworten - so wie dies die beiden Augenzeugen des Krieges und Literaturnobelpreisträger Thomas Mann und Winston Churchill taten. Auf welche Erfahrungen und Erwartungen traf dieser Krieg? Welche "diabolischen Mächte" verführten die Europäer zum Massenmord? Wer sind die Erben dieses Krieges? Auf die Naivität des 19. Jahrhunderts folgte mit brutaler Härte die "Urkatastrophe" des 20. Jahrhunderts. Deutlich wird das unvorstellbare Geschehen in einer Äußerung Thomas Manns vom 1. August 1914: "Es hätte nicht gewagt, zu geschehen", wenn der Alte - gemeint ist Lew Tolstoj - noch lebte.

In seinem intelligenten Buch mit philosophischem Tiefgang bedient sich Leonhard der modernen Methoden der Historiographie. Er behandelt alle relevanten Ereignisse, neben dem Kriegsgeschehen auch die Diplomatie-Geschichte sowie die gesellschaftlichen Entwicklungen von 1914 bis 1923. Auf diese Weise vermittelt die Lektüre ein umfassendes Bild der Epoche, die die schlimmsten Abgründe in den beteiligten Nationen zutage förderte. Die europäischen Kriegsgesellschaften verloren ihre Fähigkeit, aus eigenen Kräften äußeren und inneren Frieden zu schließen. Am Ende des Ersten Weltkriegs habe sich keine Nation mit dem Lorbeerkranz des Sieges schmücken können, betont Leonhard. Erfolgreich sei nur "der Krieg selbst, das Prinzip des Krieges, der totalisierbaren Gewalt als Möglichkeit" gewesen.

Jörn Leonhard:

Die Büchse der Pandora. Geschichte des Ersten Weltkriegs.

C.H. Beck Verlag, München 2014; 1.157 S., 38 €