BUNDESWEHR : Zustimmung im Nachhinein?
Der Parlamentsvorbehalt bei Einsätzen der Bundeswehr hat sich bewährt. Diese Einschätzung teilten Experten am vergangenen Donnerstag während einer Anhörung der Kommission zur Überprüfung und Sicherung der Parlamentsrechte bei der Mandatierung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Integration europäischer Streitkräfte regten mehrere Experten jedoch Modifikationen an.
So schlug Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik mit Blick auf die flexible integrierte Kommandostruktur der NATO vor, die Beteiligung von Bundeswehrsoldaten an ständigen multinational besetzten Stäben und Hauptquartieren nicht als Einsatz im Sinne des Gesetzes zu bewerten. Nach Ansicht des Politikwissenschaftlers Johannes Varwick von der Universität Halle-Wittenberg sollte die Bundesregierung für den Fall, dass eine Entscheidung des Bundestages nicht rechtzeitig herbeigeführt werden kann, künftig berechtigt werden, bewaffnete Streitkräfte „vorläufig“ einzusetzen. Der Einsatz müsse nach den Vorstellungen Varwicks sofort beendet werden, wenn der Bundestag dem nicht innerhalb von 30 Tagen zustimmt. Nach Einschätzung von Winfried Nachtwei, früher Bundestagsabgeordneter der Grünen, müssten Truppen und Einsatzkräfte ebenso wie Anteile an schnellen Eingreifverbänden, „auf jeden Fall“ dem Einzelfall-Parlamentsvorbehalt unterworfen bleiben, da sie dessen Kernbereich beträfen.
Keinen Änderungsbedarf, „auch nicht in Anpassung an die zunehmende militärische Integration innerhalb der NATO und der EU“, erkannte hingegen Wolfgang Wagner von der Universität Amsterdam.
In der Frage, ob es in naher Zukunft zu Kooperationsformen bei der Zusammenlegung und gemeinsamen Nutzung militärischer Fähigkeiten (Pooling und Sharing) kommt, wie es auch der Kommissionsvorsitzende Volker Rühe (CDU) forderte, zeigten sich die Experten skeptisch. Es existierten zwar zahlreiche Willensbekundungen, sagte Sicherheitsexperte Kaim. Vieles davon sei jedoch „politische Rhetorik, die politisch wenig unterlegt ist“. Gefragt, ob Frankreich im Falle von Pooling und Sharing bereit sei zum Verzicht auf einzelne eigene militärische Zweige, antwortete Dominique David vom Französischen Institut für internationale Beziehungen: Es gehe darum, gemeinsame Konzepte als Antwort auf Krisen zu entwickeln. Erst wenn dies geschafft sei, könne man über den Verzicht auf etwas nachdenken. Götz Hausding