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WIRTSCHAFTSUNION : An Russlands Seite

Moskau baut an einem Gegenentwurf zur Europäischen Union

30.03.2015
2023-08-30T12:28:00.7200Z
2 Min

Die Eurasische Wirtschaftsunion, zunächst als Zollunion zwischen Russland, Weißrussland und Kasachstan gegründet, ist Moskaus Gegenentwurf zur Europäischen Union. Vor wenigen Tagen hat Präsident Wladimir Putin den nächsten Schritt in Richtung eurasischer Integration verkündet: Es sei an der Zeit, „über die Möglichkeit zu sprechen, künftig eine Währungsunion zu gründen“, sagte er. Reagieren will er damit „auf äußere Bedrohungen –

finanzielle und wirtschaftliche“.

Putins Vorhaben ist aus Moskauer Sicht aktueller denn je. Mit dem Krieg in der Ukraine, den Sanktionen des Westens und der Wirtschaftskrise in Russland wendet sich Russland weiter von seinen Partnern in Europa ab. Stattdessen will Putin mit der Wirtschaftsunion den russischen Einfluss in der Welt stärken. Dazu soll die eurasische Gemeinschaft weiter wachsen.

Armenien ist das jüngste Mitglied der seit Jahresbeginn bestehenden Wirtschaftsunion. Der Grund dafür dürfte nicht allein beim Wunsch nach wirtschaftlicher Kooperation liegen. Ursprünglich steuerte die Kaukasusrepublik auf eine engere Bindung mit der EU zu, doch im Sommer 2013 verkündete Präsident Sersch Sargsjan überraschend, sich stärker nach Osten orientieren zu wollen. Schon die Zollunion war inkompatibel mit einem EU-Freihandelsabkommen.

Russland ist für Armenien der größte Handelspartner und Investor, hinzu kommt, dass hunderttausende Arbeitsmigranten in Russland arbeiten. Neben der wirtschaftlichen Abhängigkeit ist Armenien militärisch auf Russland angewiesen: als Schutzmacht im Konflikt mit dem verfeindeten Nachbarn Aserbaidschan. Russland übte damals Druck aus, um Armeniens Kurs zu beeinflussen: Moskau drohte mit Waffenlieferungen an das Nachbarland. Neben sicherheitspolitischen Argumenten spielte die Energieversorgung eine entscheidende Rolle. Armenien ist auch hier von Russland abhängig. Kurz vor der Kehrtwende des armenischen Präsidenten hatte Gazprom den Lieferpreis deutlich erhöht, nach dem Beitrittsversprechen aber wieder gesenkt.

Politischer Druck vor wirtschaftlicher Kooperation – so ähnlich war es schon beim Beitritt Weißrusslands zur Zollunion 2010. Das Land stand damals vor dem Staatsbankrott. Minsk verkaufte den staatlichen Energieversorger Beltransgaz an Gazprom, Moskau gewährte im Gegenzug niedrige Gaspreise und Kredite.Das Land hängt seit Jahren am russischen Subventionstropf. Weißrussland profitiert von den Zollvergünstigungen der Eurasischen Wirtschaftsunion, während Brüssel die Östliche Partnerschaft stets an demokratische Fortschritte in Europas „letzter Diktatur“ knüpfte.

Für den Nachbarn Aserbaidschan ist die fehlende Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation WTO noch ein Hindernis auf dem Weg zu einem Freihandelsabkommen mit der EU. Sicherheitspolitisch orientiert sich das Land nach Westen, allerdings kritisiert die EU Menschenrechtsverstöße. Sie hat jedoch auch Interesse an den dortigen Öl- und Gasvorräten. Ein Beitritt zur Eurasischen Wirtschaftsunion Aserbaidschans, erklärte Außenminister Elmar Mamedjarow kürzlich, stehe „nicht auf der Agenda“. Oliver Bilger

Der Autor ist freier Korrespondent

in Moskau.