Piwik Webtracking Image

haushalt : Richtschnur »Schwarze Null«

Trotz hoher Kosten für Flüchtlinge soll der Bundes bis 2019 ohne neue Schulden auskommen

14.09.2015
2023-08-30T12:28:08.7200Z
4 Min

Die ruhigen Jahre sind schon lange vorbei. Einen "permanenten Ausnahmezustand" für die Haushaltspolitik erkannte der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus in der Finanzdebatte des Bundestages in der vergangenen Woche. Der CDU-Politiker erinnerte an Bankenkrise, Wirtschaftskrise, Euro-Schuldenkrise, Ukraine-Konflikt und Griechenland-Hilfen. Und jetzt gehe es um die vielen Menschen, "die vor unseren Türen stehen, weil sie zu uns wollen, weil sie an unserer Freiheit, an unserem Rechtsstaat, aber auch an unserem Sozialstaat und unserem Wohlstand partizipieren wollen."

Ohne neue Schulden Allerdings gibt es in diesen unruhigen Zeiten eine Konstante, und auf die wies nicht nur Brinkhaus, sondern auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hin. Die "Schwarze Null", also der Verzicht auf eine Nettokreditaufnahme, bleibt. "Wir wollen das ohne neue Schulden schaffen", kündigte Schäuble an. Finanziert werden müssen für die zusätzliche Unterbringung von Flüchtlingen in diesem Jahr sechs Milliarden Euro. Erleichtert wird die Umplanung durch noch nicht eingeplante Steuermehreinnahmen.

Dass Deutschland in der Lage sei, auf diese Herausforderungen angemessen zu reagieren, führte Schäuble auf die "konsequente Sanierung des Bundeshaushalts" zurück. Auch die Konjunktur sei robust. Diese Ansicht vertrat auch Brinkhaus: "Obwohl wir uns seit sieben Jahren im Ausnahmezustand befinden, ist es so, dass die Wirtschaft in Deutschland brummt wie nie." Das schlage sich auch im Etatentwurf für 2016 wieder. Seit 2014 sei der Haushalt ausgeglichen - ohne Steuererhöhungen, aber bei zugleich höheren Investitionen. Die Ausgaben für Bildung und Forschung seien in einem nie gekannten Ausmaß gesteigert worden, während zugleich Steuererleichterungen auf den Weg gebracht würden, sagte Brinkhaus mit Blick auf kalte Progression und Kindergeld. Auch wenn sehr viel mehr Mittel für die Menschen, die nach Deutschland kommen, aufgewendet werden müssten, dürfe es keine neuen Schulden geben. Der ein oder andere Wunsch müsse daher zurückgestellt werden.

Der eingebrachte Haushalt werde so keinen Bestand haben, "weil neue Herausforderungen zu meistern sind", sagte der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider, der die vorsichtige Haushaltspolitik und die Reservenbildung der letzten Jahre würdigte. Dass der Haushalt ausgeglichen sei, liege aber nicht an einem rigiden Sparkurs, sondern am guten Arbeitsmarkt in Verbindung mit dem Mindestlohn und der starken Binnennachfrage. Neben dem binnengetriebenen Aufschwung seien die niedrigen Zinsen eine weitere wichtige Ursache. Im Vergleich zu 2010 "sparen wir 20 Milliarden Euro Zinsen."

Schneider verteidigte daher die Interventionen der Europäischen Zentralbank (EZB) und der internationalen Notenbanken in die Finanzmärkte: "Ohne diese Interventionen der Notenbanken weltweit hätten wir die Finanz- und Wirtschaftskrise niemals bewältigt, weil wir als Staatengemeinschaft gar nicht handlungsfähig waren." Die Instrumente dafür seien nicht vorhanden, was Schneider als Grundfehler der Euro-Politik bezeichnete. Gut für die wirtschaftliche Entwicklung seien natürlich auch der niedrigere Euro-Kurs und die gesunkenen Ölpreise gewesen. "Aber das sind alles Außenfaktoren."

Auch Sven-Christian Kindler (Grüne) hatte den Haushaltsüberschuss auf Außenfaktoren wie historisch niedrige Zinsen, den stabilen Arbeitsmarkt und die gute Konjunktur zurückgeführt: "Das hat alles eher weniger mit der Bundesregierung und der Haushaltspolitik zu tun. Das ist keine große Leistung." Er wünsche sich weniger Selbstlob und mehr Blick nach vorne. In der Flüchtlingspolitik habe die Regierung keine Vorsorge getroffen. Notoperationen würden den Kommunen nicht helfen, sondern sie müssten dauerhaft und strukturell entlastet werden.

Dietmar Bartsch (Linke) hatte die ankommenden Flüchtlinge als Herausforderung, aber auch als Chance bezeichnet. "Die Flüchtlinge sind Botschafter des schreienden Unrechts und der Kriege in dieser Welt", stellte Bartsch fest. Die hohen Flüchtlingszahlen seien ein Ergebnis des Versagens der europäischen und auch der deutschen Außenpolitik. Bartsch verlangte einen Stopp der Waffenexporte: "Die Waffenexporte von heute produzieren die Flüchtlinge von morgen." Während der Finanzkrise habe es Gipfel auf Gipfel in Europa gegeben, aber ihm sei nicht bekannt, dass die Kanzlerin oder der Finanzminister ihren Einfluss für eine moderne europäische Flüchtlings- und Asylpolitik mit der gleichen Hartnäckigkeit geltend gemacht hätten wie sie das bei den Griechenland-Hilfen gemacht hätten. "Hier sollte Deutschland Führungsstärke zeigen", forderte Bartsch.,

Die "Schwarze Null" soll nicht nur in diesem und im nächsten Jahr stehen, sondern laut Finanzplan (18/5501) mindestens bis 2019 durchgehalten werden. Zuletzt hatte der Bund im Jahr 2013 mit 22,1 Milliarden Euro neue Schulden aufgenommen. Der Haushalt 2014, der zunächst eine Nettokreditaufnahme von 6,5 Milliarden Euro vorgesehen hatte, konnte letztlich ohne Neuverschuldung ausgeglichen werden. Zugleich konnten rund 2,5 Milliarden Euro der Schulden des Sondervermögens Investitions- und Tilgungsfonds (ITF) getilgt werden. Und 2015 sind erstmals sogar schon bei der ersten Planung Ausgaben und Einnahmen des Bundes ohne neue Schulden ausgeglichen. Die Ausgaben des Bundes sollen im kommenden Jahr auf 312 Milliarden Euro steigen, was gegenüber 2015 eine Zunahme von 3,4 Prozent bedeuten würde. Ab 2017 sind Steigerungsraten um zwei Prozent vorgesehen. 2019 sollen sich die Ausgaben des Bundes auf 333,1 Milliarden Euro belaufen. Die Ausgaben für Investitionen sollen pro Jahr bei etwa 30 Milliarden Euro liegen. Leicht steigen sollen die Personalausgaben von 29,2 Milliarden (2014) auf 31,2 Milliarden (2019).

Der Bundestag überwies den Haushaltsentwurf und die mittelfristige Finanzplanung zur weiteren Beratung an die Ausschüsse. Verabschiedet werden soll der Haushalt in der Woche vom 23. bis 27. November 2015. Bis dahin wollen die Abgeordneten die Erhöhungen und Änderungen in den Etat einarbeiten.