Vor 70 Jahren... : Kernkraft für Deutschland
Am 9. Dezember 1955 gab Franz Josef Strauß den Startschuss für die friedliche Nutzung der Atomenergie in Deutschland. Ein Grund war die Sorge vor Energieknappheit.
Futuristische Architektur für Zukunftstechnologie der 1950er Jahre: Der Forschungsreaktor in Garching bei München wurde im Oktober 1957 in Betrieb genommen.
Das Stadtwappen von Garching bei München ziert seit 1967 ein eiförmiger Kernreaktor. Die stilisierte Abbildung des ersten Forschungsreaktors in der Bundesrepublik zeigt die Atomeuphorie der 1950er und 1960er Jahre. Ein Name ist mit dieser Stimmung untrennbar verknüpft: Franz Josef Strauß (CSU), der erste Bundesminister für Atomfragen. Nur wenige Wochen im Amt, verkündete er am 9. Dezember 1955 im Süddeutschen Rundfunk einen umfangreichen Ausbau der friedlichen Nutzung der Atomenergie in Deutschland. Und das sollte rasch vonstattengehen, um den "zehn- bis 15-jährigen Rückstand" gegenüber anderen Nationen aufzuholen.
Westdeutschland durfte 1955 wieder zur Kernenergie forschen
Erst im Mai 1955 endete der Besatzungsstatus Westdeutschlands - und damit auch Einschränkungen bei der Kernenergie-Forschung. Das deutsche Interesse an der Technologie, von der man sich eine unerschöpfliche Energiequelle versprach, kam nicht von ungefähr.
So nährte die Aufnahme in den Kreis jener Länder, die an der Kernenergienutzung teilhatten, neues Selbstbewusstsein. Außerdem fürchtete man Energieknappheit und damit ein jähes Ende des Wirtschaftswunders. Strauß, der nur ein Jahr Atomminister blieb, installierte eine Atomkommission mit 25 Wissenschaftlern und legte im Juli 1956 ein Atomprogramm vor. Er glaubte an die Technologie. Es sei "eine Tragik in der Geschichte", sagte Strauß einmal, "dass der Begriff Atom nicht als heilende und helfende Kraft", sondern vor allem die "Zerstörungswirkung" wahrgenommen werde.
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