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recht : Albtraum Einbruch

Mit einer Strafverschärfung will die Koalition die vielen Wohnungseinbrüche eindämmen. Linke und Grüne halten das für Wahlkampfgetöse

22.05.2017
2023-08-30T12:32:21.7200Z
4 Min

Für die meisten Menschen ist es der totale Albtraum: Einbrecher in der eigenen Wohnung. Ob am Tage, wenn vielleicht niemand zuhause ist oder in der Nacht, wenn die Bewohner schlafen - das Gefühl, in der eigenen Wohnung nicht mehr sicher zu sein, werden viele Betroffene nicht mehr los. Die psychischen Folgen der Wohnungseinbrüche sind meist schlimmer als entwendete Wertgegenstände oder angerichtete Verwüstungen. Mehr als 150.000 Wohnungseinbrüche gab es 2016 in Deutschland. Ein leichter Rückgang im Vergleich zum Vorjahr, aber immer noch anderthalb Mal so viele wie vor zehn Jahren.

Die Bundesregierung reagiert nun mit einer Strafverschärfung. Mindestens ein Jahr sollen die Einbrecher ins Gefängnis gehen - egal ob sie die Straftat einzeln oder in einer Bande organisiert begehen. Für Justizminister Heiko Maas (SPD) und die Koalition ist das ein richtiger Schritt und Teil des benötigten "klugen Mix" aus mehr Prävention, höherer Aufklärung und eben härteren Strafen, wie Maas am vergangenen Freitag in der Debatte zur Einbringung seines Gesetzentwurfes (18/12359) sagte.

Die Opposition bewertet das anders. Linke und Grüne sehen die geplanten Maßnahmen lediglich dem Wahlkampf geschuldet. Frank Tempel (Die Linke) sagte, statt wirkliche Probleme zu benennen und anzugehen, wie etwa die Altersarmut oder die um 24 Prozent unter Westniveau liegenden Löhne im Osten, wollten Union und SPD, dass das Thema Sicherheit den Wahlkampf bestimme. "Deshalb schüren Sie Ängste, ähnlich wie es die AfD tut." Maas hingegen warnte: "Wenn es der Politik nicht gelingt, den Menschen mehr Sicherheit zu geben, ist das Vertrauen in den Rechtstaat massiv gefährdet." Deshalb müsse gegen Einbrecher energischer vorgegangen werden. So etwa durch verbesserte Prävention, sagte Maas mit Verweis auf die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die Finanzierungshilfen zum besseren Einbruchschutz in Wohnungen zur Verfügung stelle.

Vor dem Hintergrund, dass 2016 nur 17 Prozent der Wohnungseinbrüche aufgeklärt worden seien, müsse durch "mehr Personal bei der Polizei und bessere Instrumente" die Aufklärungsquote massiv erhöht werden, forderte der Minister und begründete so auch die zu schaffende Möglichkeit der Funkzellenabfrage. Schließlich müsse aber auch der Strafrahmen angehoben werden. "Der Staat muss Einbrechern klarmachen: Wer in eine Privatwohnung einbricht, begeht ein Verbrechen, für das ihn eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr erwartet."

Mehr Polizeistreifen Einbrecher, insbesondere wenn sie in Banden unterwegs sind, ließen sich nicht mit Strafverschärfungen abschrecken, befand hingegen Tempel. Angesichts der geringen Aufklärungsquote fühlten sich die Einbrecher sicher. Hier müsse angesetzt werden. Allerdings seien dafür oft aufwendige Ermittlungen nötig. "Der Personalabbau bei der Polizei hat aber negative Spuren hinterlassen", sagte der Linken-Abgeordnete. So gebe es auch immer weniger Präventivstreifen, die zur Nachtzeit unterwegs sind. Folge davon sei, dass sich das Unsicherheitsgefühl in der Bevölkerung weiter erhöhe und die Hemmschwelle der Täter sinke. Nach Ansicht von Volker Ullrich (CDU) ist die Reform des Strafrechts "schon aus Gründen des Opferschutzes" geboten. "Wer einen Wohnungseinbruch begeht, raubt den Menschen die Freiheit auf ungestörte Privatsphäre." Ullrich begrüßte, dass Einbruchdiebstahl in den Katalog der Verkehrsdatenabfragen aufgenommen werden soll.

Keinen Unterschied dürfe es dabei machen, ob der Einbruch von einem Einzelnen oder einer Bande ausgeführt wurde. Der Unionsabgeordnete ging außerdem auf die "unterschiedliche Betroffenheit von Einbruchsdiebstählen in den einzelnen Ländern ein". Aus den Zahlen gehe deutlich hervor: "Dort, wo die Union den Innenminister stellt, leben die Menschen sicherer."

Hans-Christian Ströbele (Grüne) forderte, der Staat sollte dabei helfen, Einbrüche zu vermeiden statt Symbolpolitik zu betreiben. Schutzmaßnahmen in der eigenen Wohnung seien möglich, kosteten aber Geld, was Geringverdiener nicht zur Verfügung hätten.

Sichere Schlösser Der Grünen-Abgeordnete sprach sich für gesetzgeberisches Handeln derart aus, dass beispielsweise Mieter, die ein sicherndes Stangenschloss an ihrer Wohnungstür anbringen, bei Auszug nicht mehr verpflichtet werden können, dieses auszubauen. Außerdem sollten seinen Vorstellungen nach Vermieter verpflichtet werden, neue Wohnungen mit einem ausreichenden Sicherheitssystem auszustatten. Eine Erhöhung des Strafmaßes lehnte Ströbele ab. Schon einmal sei die Mindeststrafe für Wohnungseinbrüche von drei auf sechs Monate erhöht worden - ohne jedes Ergebnis allerdings.

Eva Högl (SPD) kritisiert die "viel zu niedrige Aufklärungsquote". Hier seien vor allem die Länder gefordert. Eine große Bedeutung habe aber auch das Thema Eigensicherung. Die Koalition habe 50 Millionen Euro für das KfW-Programm zur Verfügung gestellt und so die Bürger unterstützt, damit sie sich selber besser sichern können. Noch nicht geschafft habe man eine Überarbeitung der Landesbauordnungen, damit diese Schutzmaßnahmen als Vorschrift eingefügt werden, räumte die SPD-Abgeordnete ein. Das werde nun in der kommenden Legislaturperiode angegangen, kündigte Högl an.