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lobbyismus : Lehrerausbildung mit Hilfe von Google

LobbyControl und GEW sehen Neutralität der Schulen gefährdet

04.12.2017
2023-08-30T12:32:30.7200Z
2 Min

Von Google gesponserte Minicomputer, mit Hilfe von Pharmakonzernen top ausgestattete Labore für den Chemieunterricht oder Lehrbücher, in denen Erkenntnisse aus der "Praxis" enthalten sind - eingefügt von Wirtschaftsverbänden. Was manche als dringend benötigte Unterstützung für den klammen Bildungshaushalt ansehen, lässt beim Verein LobbyControl die Alarmglocken läuten. Lobbyisten hätten die Schule als Handlungsfeld für sich entdeckt, sie erstellten Unterrichtsmaterialien, veranstalteten Schulwettbewerbe und bildeten Lehrer fort, heißt es in einem vom Verein vorgelegten Diskussionspapier. Bei den Lobbyaktivitäten gehe es nicht um Erkenntnis oder Bildung, sondern um Meinungsmache, wird kritisiert.

Richtlinien Panikmache oder berechtigte Ängste? Design-Professorin Gesche Joost, Digital-Botschafterin der Bundesregierung bei der EU-Kommission, warnt vor pauschalen Aussagen wie "die ganzen Unternehmen sind alle nur böse". Unternehmen sollten, meint Joost, spenden und unterstützen dürfen. "Man muss aber Richtlinien dafür festlegen." Joost findet es "schwierig", wenn Apple eine ganze Schule mit Soft- und Hardware ausstattet. "Wenn es aber eine Allianz verschiedener Unternehmen gäbe, warum nicht?"

Auch viele Bildungspolitiker auf Landesebene haben wenig Berührungsängste, wenn es um Unterstützung von Seiten der Wirtschaft geht. In Berlin werden nach Aussage der Senatsverwaltung für Bildung in diesem Jahr hundert Lehrkräfte durch das Fraunhofer Institut IAIS zum "Roberta-Teacher" ausgebildet. "Uns ist bekannt, dass das IAIS, mit dem wir eine Kooperation haben, Google als Sponsor hat", sagt Beate Stoffers, Sprecherin von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD). Problematisch findet sie das nicht.

Elena Schedlbauer, Sprecherin im CSU-geführten bayrischen Kultusministerium, verweist auf das im Schulgesetz Bayerns geregelte Werbeverbot, von dem es jedoch Ausnahmen gebe. Laut Schulordnung könne "in geeigneter Weise darauf hingewiesen werden, wenn die Schule durch erhebliche Zuwendungen Dritter bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützt wird oder die Herstellung oder Anschaffung von Gegenständen ermöglicht wird, die für die Erziehung und den Unterricht förderlich sind", sagt Schedlbauer.

In Nordrhein-Westfalen, heißt es aus dem FDP-geführten Schulministerium auf Anfrage von "Das Parlament", seien die Schulen in Sachen Kooperation und Sponsoring durch die Wirtschaft eigenverantwortlich. Entsprechende Verträge könnten die Schulleitungen, nach Zustimmung der Schulkonferenz, abschließen. Als Handreichung bietet das Ministerium eine Broschüre mit dem Titel "Schulsponsoring heute. Leitfaden für Schulen, Schulträger und Unternehmen" an.

Schieflage Rene Scheppler von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisiert, dass die Verantwortung in dieser Frage oft allein auf Lehrer abgewälzt werde. Dies sei sowohl angesichts der Quantität als auch der Qualität der lobbyistischen und werbenden Einflussnahme mehr als fahrlässig. Die Lehrerkollegien seien in ihrer zunehmenden Aufgabenfülle ohnehin überlastet. Er warnt, wenn man Lehrer "mit der Gatekeeperfunktion gegenüber professionellen Marketing- und Lobbyagenturen alleine lässt, muss man sich nicht wundern, wenn wir hier absehbar in eine demokratische Schieflage geraten hinsichtlich der Neutralität und Unabhängigkeit von Schulen".