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EUROPA : Saures für die Euro-Staaten

Das »Nikolaus-Paket« der EU-Kommission schmeckt im Bundestag nicht jedem

18.12.2017
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3 Min

Ein Nikolaus-Paket der besonderen Art hatte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker am 6. Dezember geschnürt. Statt Nüssen und süßen Leckereien enthielt es ein Papier mit dem wenig lieblichen Titel "Fahrplan für die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion Europas (WWU)". Schmecken wird das nicht jedem Mitglied der Europäischen Union. Die Kommission schlägt vor, den Euro-Rettungsschirm ESM in einen Europäischen Währungsfonds umzuwandeln, der Krisenstaaten bei finanziellen Schwierigkeiten unterstützen und zudem als ständige finanzielle Letztsicherung ("Backstop") der europäischen Bankenunion fungieren soll - etwa bei der Abwicklung nicht lebensfähiger Geldhäuser und der geplanten gemeinsamen Einlagensicherung. Wie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will die Kommission darüber hinaus einen Europäischen Minister für Wirtschaft und Finanzen schaffen.

Über die Pläne haben die Staats- und Regierungschefs der EU auf ihrem Treffen am vergangenen Freitag zunächst nur beraten, weitgehend überschattet von der Brexit-Frage und dem Streit über die Flüchtlingsverteilung in Europa. Konkrete Entscheidungen wollen sie erst auf einer Sondersitzung am 28./29. Juni 2018 treffen.

Die FDP-Bundestagsfraktion fordert, dass die Bundesregierung sich aktiv in die Reformdebatte einbringt. In einem Antrag (19/228), den das Parlament am vergangenen Donnerstag nach erster Lesung zur weiteren Beratung an den Hauptausschuss überwies, stellen die Liberalen dafür Eckpunkte auf. Eine Letztsicherung für den Bankenabwicklungsfonds sei abzulehnen, heißt es darin, dies käme einer Vergemeinschaftung der Risiken in den Bankenbilanzen gleich. "Wir wollen Bankenabwicklung statt Bankenrettung", betonte Florian Toncar, aber keine auf Kosten der Steuerzahler in Europa. Außerdem lehnt die FDP die gemeinschaftliche Finanzierung von Schulden von EU-Mitgliedstaaten, etwa durch Eurobonds oder ähnliche Konstruktionen, ab. "Wir wollen an die Ursachen der Unterschiede herangehen, zum Beispiel über die Strukturfonds, die es ja schon gibt."

Gegen eine Transferunion Gegen eine "Transferunion" wandte sich auch Ursula Groden-Kranich (CDU). "Es fehlt das Zauberwort, das über allen Vorschlägen stehen sollte, das Subsidiarität heißt und nicht Vergemeinschaftung von Lasten oder Schulden, wie im Antrag der FDP richtig herausgearbeitet worden ist." Peter Boehringer (AfD) lobte die FDP-Forderung nach einer fiskalpolitischen Eigenverantwortung der Euro-Mitgliedstaaten. "Den Macron'schen Gemeinschaftshaushalt der Vereinigten Staaten von EU-ropa lehnen wir kategorisch ab", sagte er, und nannte die Schaffung eines EU-Finanzministers überdies "glatt illegal". Die EU sei kein Staat und dürfe nach Ansicht des Verfassungsgerichts auch keiner werden.

Johannes Kahrs (SPD) betonte demgegenüber, seine Partei könne sich einen europäischen Finanzminister und auch eine gemeinsame Steuerpolitik vorstellen. "Man muss Europa verbessern." Dafür tauge der Antrag der FDP, der von viel Misstrauen geprägt sei, überhaupt nicht.

Alexander Ulrich (Die Linke) warf der FDP vor, nach dem Motto zu verfahren: "Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht." Aber auch die Kommissionsvorschläge lehnte er ab. Die EU brauche ein "europaweites breitangelegtes öffentliches Investitionsprogramm". Eine sinnvolle Euro-Reform müsste zudem eine strenge Regulierung der Finanzmärkte einschließen.

Für ein Ja des Bundestages zu Junckers Nikolaus-Paket warb Gerhard Schick (Grüne). Die Reform der WWU sei nicht nur extrem wichtig für die Zukunft des Wirtschaftsraumes, sondern auch "extrem dringlich", mahnte er.