Parlamentarisches Profil : Der Krisenreporter: Armin-Paulus Hampel
Er hat 1996 die Taliban auf dem Vormarsch von Dschalalabad nach Kabul begleitet. Den Finanzminister Theo Waigel (CSU) beim Feilschen um die Euro-Einführung beobachtet. Und er war im August 1991 mit Hans-Dietrich Genscher (FDP) unterwegs, als aus der Sowjetunion ein Putsch gemeldet wurde und es eine Weile so aussah, als hätte eine Junta hartgesottener Altkommunisten den Charismatiker Michail Gorbatschow aus dem Kreml verdrängt. Genschers Kommentar hat Armin-Paulus Hampel bis heute nicht vergessen. Er bedauere Gorbatschows Schicksal, "aber man muss mit denen reden, die jetzt in Moskau die Macht haben", habe der Minister gesagt und damit die Maxime jeder tauglichen Außenpolitik formuliert, wie Hampel sie sieht, der außenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Bundestag. Von Genscher habe man lernen können, die Welt zu sehen, "wie sie ist" - eine Übung, mit der Deutsche sich nach Hampels Eindruck immer etwas schwer tun: "Außenpolitik ist die Kunst, mit den Leuten zu reden, mit denen man eigentlich nicht reden will."
Drei Jahrzehnte von 1978 bis 2008 hat der heute 60-Jährige gebürtige Bielefelder in unterschiedlichen journalistischen Funktionen verbracht - als Lokalreporter beim Bonner Generalanzeiger, als Hauptstadtkorrespondent für private und öffentlich-rechtliche Sender in Bonn und Berlin, schließlich als Leiter des Südasien-Studios der ARD in Neu-Delhi. Einige Jahre lang war er anschließend noch als freiberuflicher Fernsehproduzent in Südasien unterwegs. Hampel hat in seiner Journalistenzeit viele Konfliktregionen gesehen. 2013 kehrte er nach Deutschland zurück und stürzte sich in die Politik.
Die Initialzündung sei das Entsetzen über die Euro-Rettung gewesen, sagt Hampel. Die Bestürzung angesichts der "Kaltschnäuzigkeit", mit der eine deutsche Regierung "sämtliche Vereinbarungen", feierlich beschworene Verträge und Rechtsetzungen, "in einer Nacht vom Tisch wischte". Hampels politische Laufbahn führte rasch an die Spitze der AfD in Niedersachsen, wo er sich bis Anfang 2018 halten konnte, und im vorigen Herbst dann in den Bundestag einzog. Hier streitet er seither für sein Anliegen, der "Realpolitik" in den auswärtigen Beziehungen wieder Geltung zu verschaffen, und zwar, wie er betont, "im deutschen Interesse". Das sei in jüngerer Vergangenheit "erheblich zu kurz gekommen".
Hampel nennt als Beispiel den Umgang mit Russland. Die Kosten der westlichen Sanktionspolitik hätten sich mittlerweile auf 100 Milliarden Euro summiert, die zum übergroßen Teil zulasten der deutschen Wirtschaft gingen. Also weg damit: "Sanktionen haben noch nie etwas bewirkt." Ein Musterfall schlechter Außenpolitik ist für Hampel auch die Abhängigkeit von einer "umstrittenen Person" wie dem türkischen Präsidenten, in die sich die deutsche Regierung begeben habe. Alle Fraktionen im Bundestag seien sich einig, dass dessen Feldzug gegen das nordsyrische Afrin ein völkerrechtswidriger Akt der Aggression sei, doch alle hüteten sich, das auszusprechen: "Durch die Milliardenzahlungen an Erdogan sind uns die Hände gebunden."
Reden würde Hampel am liebsten auch mit Baschar al Assad. Er begrüßt den Ausflug, den eine Gruppe von Parteifreunden kürzlich nach Syrien unternommen hat, wo die Besucher "überrascht" festgestellt hätten, dass man in weiten Teilen des Landes gut und sicher leben könne. Warum also nicht schon damit beginnen, Flüchtlinge nach Hause zu schicken, selbstverständlich nur gegen wasserdichte Zusagen Assads, dass ihnen dort kein Leid geschieht: "Die Syrer bitten inniglich darum, weil sie die Leute zum Aufbau des Landes brauchen."
Im Herbst 2015 hatte Hampel angeregt, in Syrien Schutzzonen einzurichten, die von UNO-Truppen "mit robustem Mandat" bewacht werden sollten, auch von Einheiten der Bundeswehr. Er ist nicht grundsätzlich gegen militärische Auslandseinsätze, wenn sie denn "deutschen Interessen" dienen. Wer seinen Sarkasmus reizen möchte, muss sich nur verdächtig machen, Außenpolitik als "Gutmenschen-Kolonialismus" betreiben zu wollen. Das Gegenteil von hartem Realismus - nicht sein Ding. "Ich bin ein konservativer Knochen", sagt Hampel.