Piwik Webtracking Image

AUSWÄRTIGES : Fluchtursachen im Blick

Im Etat sind 1,5 Milliarden Euro für humanitäre Hilfe und Krisenprävention vorgesehen

09.07.2018
2023-08-30T12:34:31.7200Z
4 Min

Es ist vor allem der Blick auf die Perspektive und die Proportionen, der Teile der Opposition stört: Das Auswärtige Amt kann in diesem Jahr über Ausgaben in Höhe von knapp 5,45 Milliarden Euro verfügen. Für die Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses ( 19/2405, 19/2424, 19/2425, 19/2426) zum Entwurf der Bundesregierung ( 19/1700, 19/1701) für den Einzelplan 05 votierten vergangene Woche Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD, die Oppositionsfraktionen von AfD, FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen stimmten dagegen.

Das Auswärtige Amt erhält damit rund 124,5 Millionen Euro mehr als im Jahr 2017 und knapp 94 Millionen Euro mehr als im Regierungsentwurf für 2018 ursprünglich vorgesehen. Deutliche Aufschläge gibt es dabei insbesondere für die humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention. Doch der Blick auf die mittelfristige Finanzplanung zeigt, dass der Etat für das Haus am Werderschen Markt wieder schrumpfen soll, woran insbesondere Vertreter von FDP, Linken und Grünen in der Debatte in der vergangenen Woche Anstoß nahmen.

Die Kritik der AfD-Fraktion ging hingegen in eine ganz andere Richtung. Deren Vertreter Armin-Paulus Hampel monierte, dass bei den 1,5 Milliarden Euro, die im Etat für humanitäre Hilfe und Krisenprävention vorgesehen sind, auch solche Hilfsorganisationen Gelder bekommen würden, die politischen Einfluss in anderen Ländern nehmen wollten. Man könne aber nicht glaubwürdig mit anderen Regierungen verhandeln, wenn man gleichzeitig Kräfte unterstütze, die deren Sturz betreiben würden. Zudem bringe diese Praxis Hilfsorganisationen wie das Internationale Rote Kreuz in Misskredit, das sich streng an das Neutralitätsgebot halten würde.

Doris Barnett (SPD) warnte hingegen davor, ausgerechnet bei den Mitteln der humanitären Hilfe die Axt anzulegen. "Wenn wir jetzt, wie manche vorschlagen, der UNO, dem UNHCR, OCHA und dem World Food Programme die Mittel kürzen, weil Sie ihnen nicht trauen, dann wissen wir doch, was passiert. Die Menschen machen sich auf den Weg dorthin, wo sie versorgt werden: nach Europa." Die zusätzlichen 300 Millionen Euro bei der humanitären Hilfe sowie zusätzlich 30 Millionen Euro für die Krisenprävention im Etat seien gut angelegtes Geld.

Alexander Graf Lambsdorff (FDP) kritisierte, dass der Auswärtige Dienst nicht hinreichend ausgestattet sei. "Das Auswärtige Amt pfeift auf dem letzten Loch." Die Attraktivität als Arbeitgeber leide, bei den Sicherheitsvorkehrungen in den Auslandsvertretungen gebe es Nachholbedarf. Erstmals seien in diesem Jahr mehr Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes im In- statt im Ausland beschäftigt gewesen. "Hier läuft etwas grundsätzlich falsch", konstatierte Lambsdorff.

Alois Karl (CSU) betonte, dass mit 1,5 Milliarden Euro noch nie so viele Mittel für die humanitäre Hilfe bereitgestellt worden seien und diese Zahl eine Verfünfzehnfachung gegenüber dem Jahr 2012 darstelle. Es müsse darum gehen, die Notlagen in Afrika und in in anderen Fluchtgegenden der Welt anzupacken "und das tun wir". Karl argumentierte, dass kein Land der Welt diese Herausforderungen allein bewältigen könne. Hier gelte der Satz von Außenminister Heiko Maas (SPD): "Europe united" statt "America first".

Michael Leutert (Die Linke) kritisierte, dass der Etat in den kommenden Jahren wieder unter fünf Milliarden Euro rutschen soll. "Warum? Sind die Krisen dann alle gelöst oder ist unser Investitionsstau beim Auswärtigen Amt aufgelöst?" Die Mittel fehlten mittlerweile selbst bei Grundaufgaben, wenn in Botschaften wie in Sarajevo ein Antragssteller für ein Visum acht Monate auf einen Termin warten müsse. Leutert wies zudem darauf hin, dass das Verteidigungsministerium bis zum Ende der Legislatur 30 Milliarden Euro mehr erhalten solle. Das widerspreche dem Ziel der Koalition, Aufwüchse bei der Verteidigung mit Aufwüchsen für Entwicklung, humanitäre Hilfe und Krisenprävention zu koppeln.

Auch Ekin Deligöz' (Bündnis 90/Die Grünen) Kritik ging in diese Richtung: Der Militäretat steige in den kommenden Jahren erheblich und das Auswärtige Amt und das Entwicklungsministerium gingen leer aus. "Das passt nicht. Das ist falsch. Das kann nicht die Rolle Deutschlands sein." Das Auswärtige Amt benötige allein für die Personalreserve zusätzlich 500 Stellen. Stattdessen leiste sich die Koalition 100 zusätzliche Stellen im Innenministerium für die Heimatabteilung, bei der man eigentlich gar nicht wisse, was der konkrete Auftrag sei. "Finde den Fehler!", sagte Deligöz.

Außenminister Heiko Maas (SPD) stellte in Aussicht, dass eine Reihe von Forderungen und Kritikpunkten im Haushaltsentwurf für 2019 Berücksichtigung finden würden, ging dann aber auf die großen außenpolitischen Linien ein. Maas warnte vor der Illusion, globale Herausforderungen mit nationalen Mitteln lösen zu können. Weder die Migration, noch der Klimawandel, noch die Bedrohung des Welthandels oder Probleme der nuklearen Ordnung werde Deutschland allein lösen können. Deutsches Interesse habe in einer sich dramatisch ändernden Weltordnung einen Namen, und dieser sei Europa. "Wer auf Abschottung mit Abschottung reagiert, der ist auf einem Irrweg und trägt dazu bei, Deutschland zu einem politischen Zwerg zu machen."

Abgelehnt wurde nach der Debatte mit den Stimmen der übrigen Fraktionen ein Änderungsantrag der AfD (19/3189), die Mittel für gesellschafts- und europapolitische Maßnahmen der politischen Stiftungen kürzen wollte. Bei Enthaltung der Grünen wurde mit den Stimmen der anderen Fraktionen auch ein Änderungsantrag der Linken (19/3121) abgelehnt. Diese hatte unter anderem mehr Mittel für Krisenprävention, Friedenserhaltung und Konfliktbewältigung gefordert.