FÜNF FRAGEN ZUR : FÜNF FRAGEN ZUR: NUKLEAREN TEILHABE DER NATO
Christine Buchholz (Die Linke) ist seit 2009 Mitglied im Bundestag und seither dort im Verteidigungsausschuss aktiv.
"Das Versteckspiel muss ein Ende haben."
Frau Buchholz, welchen Wert hat die nukleare Teilhabe innerhalb der Nato?
Die nukleare Teilhabe bedeutet, dass im Ernstfall deutsche Bomber amerikanische Atombomben über Osteuropa abwerfen. Die Bundesregierung gibt vor, damit Einfluss auf ihren Einsatz nehmen zu wollen. Doch ein mögliches deutsches Veto gegen den Einsatz der zwanzig Bomben in Büchel würde einen nuklearen Angriff nicht verhindern. Denn die US-Streitkräfte verfügen über Tausende Atomwaffen auf U-Booten und an anderen europäischen Standorten. Das Teilhabemodell liefert lediglich den Vorwand, in Deutschland Atomwaffen zu lagern. Das macht die Bevölkerung zum Angriffsziel in einem Atomkrieg. Die Linke fordert deshalb den Ausstieg aus der nuklearen Teilhabe und den Abzug der US-Atombomben.
Inwiefern widerspricht die Lagerung von US-Nuklearwaffen auf deutschem Gebiet dem offiziellen Verzicht auf Kernwaffen?
Es ist widersprüchlich, auf eigene Atombomben zu verzichten, aber die Bomben anderer Staaten zu lagern und im Ernstfall zu transportieren. Den Betroffenen dürfte es egal sein, ob deutsche oder amerikanische Bomber die todbringende Fracht abwerfen. Im Übrigen wird die Bundeswehr so in die Lage versetzt, bei einer Veränderung der internationalen Lage selbst in kürzester Zeit eine Atomstreitmacht aufzubauen. Die Bundesregierung hält sich die Option dafür offen. Deshalb blockiert sie auch internationale Bemühungen zur nuklearen Abrüstung.
Was wissen die parlamentarischen Verteidigungsexperten über die hier und in anderen Nato-Staaten gelagerten US-Atomsprengköpfe und verwendeten Trägersysteme?
Offiziell gibt es in Deutschland gar keine Atombomben. Die Parlamentarier werden im Unklaren darüber gelassen. Als ich in Büchel war, wurde mir gezeigt, wo die Bomben an den „Tornados“ angebracht werden. Doch die Existenz der Bomben wurde weder bestätigt noch dementiert. Das Versteckspiel muss ein Ende haben.
Inwieweit wird der Verteidigungsausschuss des Bundestages über die geplante Modernisierung der US-Atomwaffen in Büchel informiert?
Der Ausschuss wird aus den genannten Gründen auch darüber nicht informiert. Denn dies hieße ja, die Existenz der Bomben zu bestätigen.
Warum wird aus der Lagerung der US-Atomwaffen so ein Geheimnis gemacht?
Die regierenden Parteien gehen offenbar davon aus, dass Atombomben so unpopulär sind, dass dies größeren Widerstand in der Bevölkerung hervorrufen könnte. Tatsächlich brauchen wir diesen Widerstand.
Das Gespräch führte Claus Peter Kosfeld.