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fahrverbote : Weiterhin dicke Luft

Flottenaustausch oder Hardware-Nachrüstungen - Koalition ist nach wie vor uneins

01.10.2018
2023-08-30T12:34:35.7200Z
3 Min

Einen Durchbruch in der Frage, mit welchen Maßnahmen Fahrverbote in Deutschlands Innenstädten verhindert werden können, hat der Diesel-Gipfel im Kanzleramt am vergangenen Freitag nicht gebracht. Es habe eine Annäherung gegeben, sagte Umwelt-Staatssekretär Florian Pronold (SPD) während einer danach folgenden Aktuellen Stunde im Bundestag. Optimismus verbreitete auch Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Man sei mitten in der Ausarbeitung eines guten Konzeptes über die Bundesministerien hinweg, sagte er. Wie dieses aussehen soll blieb unklar. Scheuer setzt auf Flottenaustausch - alt gegen neu - mittels Umtauschprämie der Hersteller. Im Umweltministeriun wird hingegen die Hardware-Nachrüstung der EURO-5-Diesel bevorzugt, mit der der Verkehrsminister wiederum nichts anfangen kann.

Vergangenen Donnerstag hatte der Bundestag über Anträge von AfD, FDP und Grünen zu dem Thema (siehe Kasten) diskutiert. Dabei machte Oliver Luksic (FDP) einen aus seiner Sicht "pragmatischen Vorschlag". Hardwarenachrüstung müsse es dort geben, wo es technisch möglich und wirtschaftliche sinnvoll ist". Soll heißen: Die nicht von den Fahrverbotsurteilen betroffenen Euro-6-Fahrzeuge bleiben außen vor, Euro-4-Diesel werden gar nicht nachgerüstet und Euro-5-Fahrzeuge "gezielt in den betroffenen Städten". Für die Nachrüstung von Fahrzeugen ausländischer Hersteller werde man eventuell einen Fonds brauchen, so Luksic. "Wir wollen, dass alle Dieselfahrer Hilfe bekommen", betonte er. Eine Lösung nur für Fahrer deutscher Autos reiche nicht.

In eine ähnliche Richtung gingen die Ideen von Felix Schreiner (CDU). Die pauschale Forderung, man könnte alle Dieselfahrzeuge nachrüsten, sei faktisch nicht erfüllbar, sagte er. Bei den 3,1 Millionen Euro-4-Fahrzeugen sei die Nachrüstung aus technischen Gründen nicht möglich. Bei den 5,6 Millionen Euro-5-Fahrzeugen sehe es anders aus. "Bei diesen ist die Nachrüstung in Teilen machbar", sagte Schreiner. Allerdings werde die Lösung nicht einfach. Es werde eine gewisse Zeit brauchen, um mit den Herstellern und den Werkstätten Gespräche zu führen, "damit wir diese große Zahl auch bewältigen können".

Aus Sicht von Dirk Spaniel (AfD) kann eine Nachrüstlösung nicht funktionieren. Weder lägen die Nachrüstbausätze im Regal, wie teilweise suggeriert werde, noch gebe es die notwendige Werkstattkapazität, um Millionen Fahrzeuge nachzurüsten, sagte er und urteilte: "Nachrüstung ist nichts anderes als ein politisches Märchen." Ein Märchen, das dazu dienen solle, die Aufmerksamkeit von den Messstationen abzulenken. Diese sind nämlich nach Ansicht der AfD das eigentliche Übel. Die deutschen Behörden stellten die Messstationen mitten auf die Straße, während in Thessaloniki Stationen auf Dächern in 35 Meter Höhe stünden, beklagte Spaniel. "Deutschland verhängt sich selber Fahrverbote, weil links-grüne Umweltämter auf Länderebene ihren ideologischen Kampf gegen das Auto führen", sagte er.

Nachrüstungen Es gehe nicht um das Versetzen von Messstationen, sondern um die Gesundheit von Millionen Menschen, widersprach Umwelt-Staatssekretär Pronold. Im Gegensatz zu seinem Vorredner vertrat er die Auffassung, Nachrüstungen seien zu bezahlbaren Preisen möglich. Skeptisch bewertete der SPD-Politiker die angedachten Umtauschprogramme. Viele, die einen Euro-5-Diesel fahren, der zwei oder drei Jahre alt ist, hätten nicht das Geld, "selbst wenn es eine Ermäßigung oder eine Prämie gibt", sich gleich ein neues Auto zu kaufen. "Ich finde es auch ökologisch nicht sinnvoll, ein drei Jahre altes Auto zu verschrotten", sagte der Umwelt-Staatssekretär.

Daniela Ludwig (CSU) warnte wiederum davor, die Menschen glauben zu lassen, dass die Nachrüstung "eine kurzfristige, schnelle und nachhaltige Lösung des Luftproblems in unseren Städten ist". Nachhaltige Lösungen, Tauschprogramme, Rückkaufprogramme - das sei der richtige Weg. Es gehe nun einmal nur gemeinsam mit der Automobilindustrie, sagte Ludwig.

Das Prinzip Flottenerneuerung statt Hardware-Nachrüstungen lehnen die Grünen jedoch ab. Deren Verkehrsexperte Stephan Kühn sagte, man könne nicht Fahrzeuge, die teilweise nur wenige Jahre alt sind, verschrotten oder ins Ausland verkaufen, damit sie dort die Luft verschmutzen.

Kritik kam auch von der Linksfraktion. Mithilfe von Umstiegsprämien soll der Kauf neuer Fahrzeuge angekurbelt werden, sagte Ingrid Remmers (Die Linke). Damit würden aber lediglich die Kassen der Autokonzerne weiter gefüllt. Die Frage sei auch, woher auf einmal die sauberen Diesel kommen sollen. Selbst neue Euro-6c-Fahrzeuge würden die Abgasgrenzwerte um ein Vielfaches reißen, und seien damit fast genauso dreckig wie die, die sie ersetzen sollen, sagte Remmers.