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baukultur : »Wir haben Phänomenales gewagt«

Der Städtebauer Rolf Kuhn über Perspektiven von Regionen in der Veränderung

17.12.2018
True 2023-08-30T12:34:39.7200Z
2 Min

Herr Kuhn, Sie haben bis 2010 die Internationale Bauausstellung (IBA) FürstPückler-Land in Südbrandenburg geleitet und die Zeit der Brüche nach der Wende unmittelbar miterlebt. Was braucht die Lausitz, um für den aktuellen Strukturwandel gewappnet zu sein?

Man braucht auf jeden Fall Dinge und Erlebnisse, über die man staunt. Klotzen, nicht kleckern! Als wir vor 20 Jahren mit der Internationalen Bauausstellung (IBA) in die Lausitz kamen, drohte die Region in der Depression zu versinken. Es gab keine Seen, vieles war grau. Das hat sich komplett gedreht - ich kenne keine Region in Deutschland, die sich so schnell so positiv entwickelt hat. Einen Teil dazu haben IBA-Projekte wie die schwimmenden Häuser beigetragen: Wir haben Phänomenales gewagt und depressives Denken umgedreht. Auch wenn uns die Leute am Anfang für verrückt hielten.

Droht mit dem Kohle-Ende eine zweite Depression?

Ich sehe die Situation jetzt schon anders. Im Moment droht eher ein Fachkräftemangel. Es sind viele Stellen entstanden, auch im Tourismus. Der allein bildet zwar kein Fundament für eine Wirtschaftsentwicklung, aber er verleiht der Region ein Image, das sie als ganze attraktiver macht. Natürlich handelt es sich bei den Arbeitsplätzen im Bergbau um gut bezahlte Stellen. Diese Menschen wollen keine Würstchenverkäufer werden! Die Situation hat also nicht nur eine emotionale, sondern auch eine handfeste ökonomische Komponente, insofern dürfte es schon eine gewisse Delle für die regionale Wirtschaft geben .

Wie kann diese Delle ausgeglichen werden?

Es braucht zuerst eine Stimmung, einen Geist für neue Entwicklungen. Diese Ausgangslage ist heute deutlich anders als direkt nach der Wende, vor allem dort, wo Landschaft entstanden ist und die Menschen ein neues Bewusstsein für ihre Gegend entwickelt haben. Eine Hochschulerweiterung wäre gut für die Region - schauen Sie, was im Ruhrgebiet entstanden ist. Das ist natürlich ein Prozess, der Zeit braucht, und dahinter steht ein Konzept. Einzelmaßnahmen allein helfen nicht, und vor allem muss man aufpassen, dass jemand nicht nur Geld ablädt und das war es dann.

Sie sind dauerhaft nach Großräschen gezogen. Wie viel vom IBA-Geist ist gut acht Jahre nach deren Ende in der Gegend geblieben?

Es ist viel geblieben, denke ich. Heute wird alles mit viel mehr Mut und Zuversicht angepackt als vor 20 Jahren. Es ist wieder Stolz auf die eigene Region entstanden, auch dadurch, dass Menschen aus ganz Deutschland unsere Gegend als angenehmen Ort zum Besuchen oder zum Wohnen entdecken.

Das Gespräch führte Kristina P