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deutsche bahn : Kein Ende der Durchsagen

Opposition macht die Bundesregierung für die Probleme des Konzerns verantwortlich

21.01.2019
2023-08-30T12:36:15.7200Z
4 Min

Problem erkannt, Gefahr gebannt. Diesen Eindruck versucht die Bundesregierung in letzter Zeit zu erwecken, wenn es um die Deutsche Bahn AG geht. Zunehmende Unpünktlichkeit, schlechter Service, marode Brücken, verschlissene Züge, zu wenig und schlecht motiviertes Personal - all das soll sich in naher Zukunft ändern. Schon mehrfach hat sich Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) zuletzt mit Bahnchef Richard Lutz getroffen. Beim Frühstücksgespräch vergangenen Donnerstag legte die Bahn einen Fünf-Punkte-Plan vor, um Schritt für Schritt besser zu werden. Konkrete Verbesserungen für die Kunden soll es nach den Vorstellungen des Bahnchefs bereits in den kommenden Monaten geben.

Über Geld und eventuelle Strukturänderungen im Bahnkonzern soll später gesprochen werden. Bis März soll der Bahn-Vorstand ein Konzept zur Umstrukturierung vorlegen, hatte der als Beauftragter der Bundesregierung für den Schienenverkehr fungierende Parlamentarische Staatssekretär Enak Ferlemann (CDU) unlängst verlangt.

Verspieltes Vertrauen Der Opposition reicht das nicht. Vor allem ist sie nicht bereit darüber hinwegzusehen, wer die Verantwortung dafür trägt, dass es so weit gekommen ist. Die Verantwortlichen für die Missstände bei der Bahn, die auch der Bundesrechnungshof in einem aktuellen Bericht (19/7050) aufzeige, säßen auf der Regierungsbank und in den Reihen von Union und SPD, sagte Matthias Gastel (Grüne) vergangene Woche während der Debatte zu Anträgen der Linken (19/2352, 19/3589, 19/7024) und der FDP (19/6284). Torsten Herbst (FDP) sprach von PR-Aktionismus der Regierung. Das verspielte Vertrauen werde auch durch Symbolpolitik und hektische Frühstückstermine nicht geheilt, sagte er.

Veränderungen müssen her, grundlegende sogar, das scheint klar zu sein. Aber welche? Die Linke will die Bahn künftig wieder als ein öffentliches Unternehmen betreiben, was bei AfD und FDP auf Ablehnung stößt. Die Liberalen und die AfD setzen sich wiederum gemeinsam mit den Grünen dafür ein, Netz und Betrieb zu trennen, was die Linksfraktion - ebenso wie Union und SPD - nicht möchte.

Sabine Leidig (Die Linke) sagte, Netz und Betrieb dürften nicht getrennt werden, weil eine enge Verzahnung benötigt werde, "damit möglichst viele Bahnen auf einer passenden Infrastruktur fahren". Es gelte, einen Kollaps der Bahn zu verhindern, betonte sie und forderte, den Privatisierungskurs zu beenden. Die Bahn solle Gewinne erzielen, "aber für das Allgemeinwohl und den Klimaschutz".

Wolfgang Wiehle (AfD) befand, angesichts der strukturellen Probleme der Bahn sei es an der Zeit, "über eine Bahnreform 2.0 nachzudenken". Die Idee der Linken sei aber "eine Rolle rückwärts hin zur Behördenbahn". Wiehle nannte die Trennung von Netz und Betrieb wichtig. Die Bereitstellung des Netzes sei schließlich eine Form der Daseinsvorsorge, für die der Staat die zentrale Verantwortung trage.

Über eine erneute Bahnreform nachzudenken forderte auch FDP-Mann Herbst. Von der Rückkehr zu einer "Staatsbahn" hält er jedoch nichts. Klug sei es, das Netz aus dem Bahnkonzern herauszutrennen und dafür zu sorgen, "dass Anbieter diskriminierungsfreien Zugang haben", sagte Herbst. Mehr Wettbewerb könne auch zu mehr Kundenfreundlichkeit führen.

Für Matthias Gastel muss "eine starke Bahn das Herzstück der benötigten Verkehrswende sein". Die Deutsche Bahn müsse sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und sich von Konzernteilen lösen, die dazu keinen Beitrag leisten, forderte der Bahnexperten der Grünen. Benötig werde auch eine effektivere Kontrolle der Bahn.

Viele Forderungen der Opposition seien schon auf dem Weg, entgegnete Kirsten Lühmann (SPD). So seien im Koalitionsvertrag sowohl der Verzicht auf eine Privatisierung als auch die stärkere Ausrichtung der Bahn auf volkswirtschaftliche Ziele festgeschrieben. "Dazu stehen wir", betonte sie. Mit der Halbierung der Trassenpreise für den Güterverkehr und der Aufstockung der Bundesmittel in den Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen (LuFV) mit der Bahn würden zudem die bestehenden Wettbewerbsnachteile der Schiene gegenüber der Straße sukzessive abgebaut. Mit Blick auf die von der FDP geforderten Verkäufe von Bahn-Töchtern sagte Lühmann, der Bahn-Vorstand sei bereits dabei, Konzepte über Verkäufe zu entwickeln.

Verkehrs-Staatsekretär Ferlemann sagte, es werde "intensiv und ergebnisoffen" darüber diskutiert, mit welchen Maßnahmen der Finanzbedarf der Bahn gedeckt werden könne. Ein Verkauf der Tochtergesellschaften sei dabei eine Möglichkeit. Ferlemann verwies darauf, dass die Investitionen in das Schienennetz im Jahr 2018 ein Rekordniveau erreicht hätten. Er verteidigte zugleich die Stilllegung unwirtschaftlicher Strecken. Damit werde der Spielraum für den Einsatz der Mittel dort geschaffen, wo dies "ökonomisch und ökologisch geboten ist".

Angesichts der Rekordmittel, die der Bund in den Ausbau und die Modernisierung der Bahn investiere, gebühre dem Verkehrsminister und dem Bahnbeauftragten "ein herzliches Dankeschön für diese vorausschauenden Zukunftsinvestitionen", befand Florian Oßner (CSU). "Die Themen Digitalisierung und Modernisierung der Schienen sind bei der Union in besten Händen", sagte er.