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FRAUEN : Inselreich der eisernen Ladies

Großbritannien blickt auf eine lange Geschichte weiblicher Herrscher und Politiker

14.04.2020
2023-08-30T12:38:16.7200Z
3 Min

Der 4. Mai 1979 ist in der Geschichte Großbritanniens ein besonderer Tag. Mit der Ernennung von Margaret Thatcher zur Premierministerin wird erstmals eine Frau zur Regierungschefin. Mehr als elf Jahre leitet sie die politischen Geschicke des Vereinigten Königreiches und erwirbt sich wegen ihrer oft unnachgiebigen Positionen in außen- und innenpolitischen Fragen den Spitznamen "Iron Lady" (Eiserne Lady). Mit Theresa May saß zwischen 2016 und 2019 erneut eine Frau in Downing Street 10, die sich in der Brexit-Krise ebenfalls gerne eisern präsentierte.

Es mag kein Zufall sein, dass ausgerechnet in Großbritannien erstmals einer Frau in der europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts der Aufstieg an die Spitze der Macht gelingt. Immerhin blickt man auf der Insel auf eine beeindruckende Liste von Königinnen, die bereits machtbewusst regieren, als in den meisten Ländern des Kontinents Frauen die Ausübung politischer Macht versagt bleibt.

Den Auftakt im Reigen weiblicher Monarchen in England macht 1553 Maria I., Tochter des Tudor-Königs Heinrich VIII. und dessen erster Ehefrau Katharina von Aragon. Sie bringt eine Reihe von Reformen in der Wirtschafts- und Finanzpolitik auf den Weg, um die Staatsfinanzen zu sanieren. In den Geschichtsbüchern verewigt sie sich jedoch als "Bloody Marie", da sie in ihrem Bestreben, der Verbreitung des Protestantismus Einhalt zu gebieten und entgegen der Politik ihres Vaters den Katholizismus wieder als Staatsreligion zu etablieren auch vor der Hinrichtung von 300 Protestanten nicht zurückschreckt.

Deutlich mehr politisches Geschick beweist Marias Halbschwester Elisabeth I., die ihr 1558 auf den Thron folgt. Die Tochter aus der zweiten Ehe ihres Vaters mit Anne Boleyn herrscht 45 Jahre äußerst erfolgreich über England. Das Königreich erlebt einen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Höhepunkt seiner Geschichte, steigt nach der Vernichtung der spanischen Armada zu einer der führenden Seemächte auf und streckt erstmals seine Fühler in die Neue Welt jenseits des Atlantiks aus. Die Heiratswünsche etlicher europäischer Könige und Prinzen wehrt die resolute Monarchin in einem Akt feministischer Selbstbehauptung allesamt ab und inszeniert sich stattdessen als "Virgin Queen", als jungfräuliche Königin, die nur dem Wohl ihrer Nation verpflichtet ist.

Rund hundert Jahre nach dem elisabethanischen Zeitalter gelangt mit der Stuart-Königin Anne eine weitere Frau auf den Thron, dessen absolutistische Macht infolge der "Glorious Revolution" von 1688 bereits deutlich beschnitten ist. Durch die Vereinigung der Königreiche von England und Schottland 1707 wird Anne zur ersten britischen Königin. Ihre Regentschaft ist geprägt durch den Spanischen Erbfolgekrieg, in dessen Folge Großbritannien seine Stellung als See- und Weltmacht weiter ausbaut.

Den Höhepunkt seiner politischen und wirtschaftlichen Macht erlebt das Britische Empire schließlich unter Queen Victoria, die 1837 mit gerademal 18 Jahren den Thron besteigt. Am Ende ihrer 63-jährigen Regentschaft, die als das Victorianische Zeitalter in die Annalen eingeht, erstreckt es sich über Kanada, Australien, den indischen Subkontinent und weitere gewaltige Kolonialbesitzungen in Afrika, die vom ägyptischen Nildelta bis zum Kap der Guten Hoffnung reichen, lediglich unterbrochen von der deutschen Kolonie im heutigen Tansania. Bei ihrer Thronbesteigung muss Victoria zwar auf die Krone des Königreichs Hannover, das seit 1714 in Personalunion regiert wird, verzichten, weil das dort geltende Salische Gesetz Frauen von der Erbfolge ausschließt. Dafür erlangt sie 1876 den Titel der "Empress of India" (Kaiserin von Indien).

Im Gegensatz zur Machtfülle des größten Weltreichs der Menschheitsgeschichte fällt die Macht der Monarchin jedoch vergleichsweise gering aus. Unter den Vorgängern Victorias waren die Kompetenzen der britischen Könige sukzessive an Parlament und Regierung übergegangen. Selbst in Fragen der Außenpolitik, die von Victoria noch durchaus als Domäne der Krone angesehen wird, stellt sie etwa Großbritanniens langjähriger Außenminister Lord Palmerston mehr als einmal vor vollendete Tatsachen und weist sie in die Schranken.

Victorias Ururenkelin, die 1952 als Elisabeth II. gekrönt wird, muss auf Ausübung direkter politischer Macht gänzlich verzichten. In ihrer Regierungszeit, die vom Zerfall des Empires, dem Kalten Krieg, dem Nordirland-Konflikt und etlichen Skandalen in der Königsfamilie überschattet waren, hat aber auch sie es nie am beharrlichen Willen der eisernen Ladies von der Insel mangeln lassen.