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Ortstermin:Gründungsorte von CDU und SPD nach 1945 : Geburtsstätten der Volksparteien

Niedersachsen spielte eine zentrale Rolle bei der Gründung der Volksparteien nach dem Zweiten Weltkrieg–warum die Wahl von SPD und CDU auf Wennigsen und Goslar fiel.

10.08.2020
2023-09-22T18:33:58.7200Z
2 Min

Dass Niedersachsen eine so prominente Rolle bei der Gründung der Volksparteien nach dem Zweiten Weltkrieg spielt, hat vor allem einen Grund: die Lage des Bundeslandes. Die Wahl der Sozialdemokraten für die Gründungsversammlung der deutschen Nachkriegs-SPD fiel auf die Gemeinde Wennigsen bei Hannover. Diese hatte einen aktiven Ortsverband, war im Krieg nicht zerstört worden und verfügte über eine Bahn- und Telefonverbindung. Das Bahnhofs-Hotel Petersen bot genügend Platz und eine ausreichende Nahrungsmittelversorgung - denn trotz Zerstörung und Not sollte die Wennigser Konferenz vom 5. bis 7. Oktober 1945 einen feierlichen Rahmen haben. "Rotes Fahnentuch und ein Bild von Karl Marx erfüllten die Bühne", beschreibt Fritz Heine, Mitglied des Exilvorstands (Sopade), den Auftakt. Für viele der Teilnehmer sei es der erste freie Meinungsaustausch auf einer Konferenz dieser Größe seit zwölf Jahren gewesen.

Mit der Leitung des Wiederaufbaus der Partei beauftragt wurde der spätere erste SPD-Vorsitzende, Kurt Schumacher. Er erreichte, dass die britische Militärregierung nach der eintägigen Konferenz mit Delegierten der britischen Zone und des Exilvorstands auch Gespräche mit Repräsentanten aus anderen Zonen und aus Berlin zuließ. In der Einladung zur Konferenz vom 28. August 1945 schrieb Schumacher: "Ihr Zweck ist die taktische und organisatorische Angleichung. Sie ist angesichts der mangelhaften Verbindungs- und Unterrichtungsmöglichkeiten eine absolute Notwendigkeit." In Wennigsen wurde die Wiedergründung der Partei offiziell vollzogen und parteipolitische Ziele sowie agrar-, wirtschafts- und kulturpolitische Richtlinien beschlossen.

Unversehrt vom Krieg mit intakter Hotel-Infrastruktur

Dezentral kam es nach Kriegsende auf der lokalen Ebene auch zu Gründungen der Christlich-Demokratischen Union. Ein erster übergreifender Zusammenschluss war der gemeinsame Zonenausschuss von acht Landesverbänden der britischen Zone. In der französischen und amerikanischen Besatzungszone war ein Zusammenschluss untersagt. 1947 kam es zur Bildung einer Arbeitsgemeinschaft. Wegen des Bilds der Zerrissenheit verständigten sich die Landesvorsitzenden im Mai 1950 auf die Gründung einer Bundespartei - ohne die bayrische CSU.

Nach längeren Diskussionen entschied man sich auch hier für Niedersachsen als Ort: Der erste Bundesparteitag fand vom 20. bis 22. Oktober 1950 in Goslar am Harz statt. Denn auch die Kaiserstadt war unversehrt vom Krieg geblieben und verfügte über eine intakte Hotel-Infrastruktur. Die Wahl ging auch auf das Drängen von Bundeskanzler Konrad Adenauer zurück, denn die an der Zonengrenze gelegene Stadt sollte ein Symbol für die Verbundenheit der CDU mit den Deutschen in der DDR sein.

In goldener Schrift stand das Motto "Einigkeit und Recht und Freiheit" auf der Rückwand des frisch renovierten Odeon-Theaters geschrieben. Neben den 386 Delegierten füllten rund 600 Gäste den Theatersaal. Am zweiten Tag verabschiedeten die Delegierten zudem das Statut der Partei und wählten Adenauer mit 302 Stimmen zum CDU-Vorsitzenden.