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Versicherungsteuer : Etwas unsicher

Eine kleine Gesetzesänderung sorgt in der Assekuranz für große Aufregung.

12.10.2020
2023-08-30T12:38:24.7200Z
3 Min

Kleine Ursache - möglicherweise große Auswirkungen: Die Regierung will das Versicherungsteuerrecht modernisieren. Die Branche befürchtet riesige Mehrkosten und auch den Zugriff des Staates auf bestimmte Lebens- und Krankenversicherungen.

Die deutsche Versicherungswirtschaft reagierte mit massiver Kritik auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Modernisierung des Versicherungsteuerrechts und zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften (19/21089). In einer öffentlichen Anhörung des Bundestags-Finanzausschusses in der letzten Woche erklärte der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV), es könnte in einigen Bereichen der Krankenversicherung zu einer Pflicht zur Zahlung von Versicherungsteuer kommen. So könnte bei Ehescheidungen eine Versicherungsteuerpflicht für den mitversicherten bisherigen Ehegatten in Höhe von 19 Prozent entstehen. Neue Lebensmodelle würden dadurch steuerlich diskriminiert.

Problem Mitversicherung In einer Sitzung des Finanzausschusses in der letzten Woche wurde zudem die Frage aufgeworfen, ob die Mitversicherung von neugeborenen Kindern in der PKV nach der Gesetzesänderung überhaupt noch steuerfrei erfolgen könne. Auch aus der Unionsfraktion wurden kritische Fragen gestellt: "Ist das unser Ernst? Ist das modern? Warum sollten wir jemanden bestrafen, der jemand anders gegen Leid versichert?", fragte die finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Antje Tillmann, in der Anhörung. Die Unsicherheit ist offenbar recht groß.

Ein Branchenvertreter machte die Auswirkungen der Änderungen für künftige Versicherungen deutlich: Wer Freund oder Freundin in der Krankenversicherung oder Berufsunfähigkeitsversicherung mitversichert, müsste für die Prämie für Freund oder Freundin auch noch 19 Prozent Versicherungsteuer entrichten. Verloben sich die beiden, würde die Steuer entfallen. Entloben sie sich, würde die Steuerpflicht wieder aufleben. Die Versicherer müssten in Zukunft regelmäßig, möglicherweise monatlich, die persönlichen Verhältnisse der Kunden abfragen.

Mit dem Gesetzentwurf will die Bundesregierung auch auf verschiedene Urteile von Gerichten reagieren, die eine Präzisierung von Normen des Versicherungsteuergesetzes notwendig gemacht hätten. Außerdem soll die Frage des nationalen Besteuerungsrechts im Verhältnis zu anderen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums neu geregelt werden. Weiterhin wird eine grundsätzliche Verpflichtung zur elektronischen Steueranmeldung normiert.

In der Anhörung beklagten die Versicherungsverbände einen erheblich größeren bürokratischen Aufwand durch das Gesetz. Allein im Bereich der privaten Krankenversicherung würde ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand von knapp 100 Millionen Euro bis zum Jahre 2030 entstehen. Hinzu komme ein einmaliger Umsetzungsaufwand von circa 50 Millionen Euro. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sprach von einem massiven bürokratischen Mehraufwand in mehrstelliger Millionenhöhe. Dies sei ein Aufwand, der letztlich zu Lasten der Versichertengemeinschaft gehe und der das Bürokratieabbauziel des Koalitionsvertrages konterkariere. Das Ziel der Regierung, ein besser verständliches, eindeutigeres und für die Wirtschaft praktikableres Regelungssystem für die Besteuerung von Versicherungsprämien zu erreichen, wird nach Ansicht des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft nicht erreicht: "Anstatt mehr Rechtsklarheit zu schaffen, ergeben sich vielmehr neue Rechtsunsicherheiten, neue Prüf- und Dokumentationspflichten in erheblichem Umfang sowie massiver Anpassungsbedarf bei den Verwaltungsprozessen für die Versicherungsunternehmen." Die Bundesregierung geht statt dessen nur noch einem Kostenaufwand für die Branche von 150.000 Euro aus.

Sozialpolitische und wirtschaftspolitische Probleme sieht der GDV auch bei den geplanten Regelungen für den Bereich sogenannter Schlüsselkraft-Versicherungen. Die Versicherungen würden es ermöglichen, dass sich insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen gegen die Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit oder schwere Krankheit von für den Betrieb wesentlichen Mitarbeitern oder eines Geschäftsführers (sogenannte Schlüsselkräfte) versichern könnten. Diese Schlüsselkraft- Versicherungen sollten im Falle eines Falles Liquiditätsausfälle ausgleichen und Mittel für die Sicherung des Betriebs zur Verfügung stellen. Durch die Einführung einer Versicherungsteuer in Höhe von 19 Prozent auf diese Beiträge würde eine Absicherung der Existenz für die Unternehmen erheblich verteuert. Diese Regelung wurde auch von Daniel Troost (Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO) kritisiert.

Kommunen betroffen Die Bayerische Beamtenkrankenkasse forderte eine Klarstellung, damit die von vielen kleinen Kommunen abgeschlossenen Beihilfeablösungsversicherungen nicht von der Steuerpflicht erfasst werden würden. Kommunen würden diese Versicherung abschließen, um sich gegen zu hohe Beihilfezahlungen für Beamte abzusichern.

Die Versicherungsteuer macht sogar den Reedern zu schaffen. Der Verband deutscher Reeder (VDR) erklärte, wenn deutsche Unternehmen in ausländischen Registern eingetragene Schiffe bereedern. müssten für deren Schiffsversicherungsprämien in Deutschland Steuern gezahlt werden, in anderen Ländern hingegen nicht. Damit habe sich die deutsche Versicherungsteuer zu einem echten Wettbewerbsnachteil entwickelt. Derzeit würden 500 solcher Schiffe bereedert.