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EU-Ratsvorsitz : Große Aufgabe, große Erwartungen

Grüne fordern Bundesregierung zu »Klimapräsidentschaft« auf

20.01.2020
2023-08-30T12:38:11.7200Z
3 Min

Die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke werfen der Bundesregierung vor, bisher keinen Plan für die im zweiten Halbjahr anstehende deutsche EU-Ratspräsidentschaft vorgelegt zu haben. "Das ist eine vertane Chance", kritisierte die Grünen-Abgeordnete Franziska Brantner am vergangenen Freitag in einer Debatte über einen Antrag (19/16492) ihrer Fraktion. Darin fordern die Grünen die Bundesregierung unter anderem auf, den Ratsvorsitz zu einer "Klimapräsidentschaft" zu machen. "Wir müssen die Herausforderungen gemeinsam angehen", betonte Brantner mit Verweis auf das Anfang der Woche von der EU-Kommission vorgelegte Klimapaket ("Green Deal"), mit dem die EU bis 2025 klimaneutral werden soll (siehe Beitrag oben). Es sei "blamabel", dass die Regierung die Pläne zwar öffentlich begrüße, zugleich aber klarstelle, dass sie "keinen Cent mehr" dazugeben wolle. "Das ist das größte Greenwashing in der Geschichte dieser Bundesregierung", urteilte Brantner.

Als weitere Prioritäten nennen die Grünen in ihrem Antrag das Engagement für eine bessere soziale Absicherung in Europa und die Förderung von Digitalisierung und Innovation. Außerdem müsse Europas Rolle als gestaltender Akteur in der Außen- und Sicherheitspolitik gestärkt werden.

»Luftbuchungen « Andrej Hunko (Die Linke) nannte es ein "Armutszeugnis", dass die Bundesregierung noch kein Programm vorgelegt habe. Europa brauche einen ökologischen und sozialen "New Deal", ähnlich wie in den 1930er Jahren in den USA. Dieser habe die Lage der arbeitenden Menschen erheblich verbessert und zu einem kulturellen Aufblühen geführt. Was die EU vorgelegt habe, sei damit jedoch nicht vergleichbar, sagte Hunko, und sprach von "Luftbuchungen".

Katja Leikert (CDU) hielt Grünen und Linken entgegen, sie verfolgten "unrealistische Ziele". Europa brauche "echte Nachhaltigkeit" und eine Wachstumsstrategie, die das Wirtschaftswachstum nicht abwürge. Im "europäischen Superjahr" würde neben dem Klimaschutz auch die Handelspolitik eine zentrale Rolle spielen.

Michael Roth (SPD), Staatsminister im Auswärtigen Amt, zeigte Verständnis für die Forderungen von Grünen und Linken, verteidigte aber das Abwarten bei der Vorlage eines Arbeitsprogramms. "Die Erwartungshaltung ist hoch und das spornt uns an", betonte er. Doch bevor ein Plan vorgelegt werden könne, müsse die Regierung zunächst die Vorstellung des Kommissionsprogramm abwarten. Dies sei für den 29. Januar geplant. "Das müssen wir zusammenbringen", sagte Roth, "die Ratspräsidentschaft ist kein Egotrip." Als Bewährungsproben bezeichnete Roth die Verhandlungen über die zukünftigen Beziehungen zu Großbritannien nach dem EU-Austritt und die Einigung auf einen neuen mittelfristigen EU-Haushalt ab 2021.

»Riesenchance« Thomas Hacker (FDP) sprach von einer "Riesenchance" für Deutschland. Europa erwarte Lösungen für die großen Herausforderungen, darunter die Umsetzung des Brexits und die Reform der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Gerade im Hinblick auf letzteres befürworte seine Fraktion die Einführung von Mehrheitsentscheidungen im Europäischen Rat, um Entscheidungen auf EU-Ebene schneller treffen zu können.

Für die AfD signalisierte Harald Weyel die Anlehnung des Grünen-Antrags durch seine Fraktion. In Anspielung auf das jüngst gekürte "Unwort des Jahres" warf er den Grünen "Klimahysterie" und "moralische Dauermanipulation" vor. Statt dreistellige Milliardenbeiträge für Staatsverschuldung, Umverteilung und Zentralismus auszugeben, müsse der Wettbewerb von Forschern, Entwicklern und Firmen vorangetrieben werden, um die Probleme Europas zu lösen.

Der Antrag wurde im Anschluss an die Debatte zur weiteren Beratung an den Europaausschuss überwiesen.