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MenschenrechTE I : Ernüchternde Bilanz

Regierung sieht starke Rückschläge, Opposition wirft ihr Unglaubwürdigkeit vor

21.12.2020
2023-08-30T12:38:27.7200Z
3 Min

Es ist eine ernüchternde Bilanz zum 72. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte: Zunehmende Konflikte, Vertreibungen und Repressionen - die Menschenrechte stünden weltweit unter Druck, klagen Organisationen. Nicht zuletzt die Covid-19-Pandemie sei zu einer zusätzlichen Bedrohung für Demokratie und Menschenrechte geworden. Ein Fazit, zu dem auch die Bundesregierung kommt: Die Pandemie werde mancherorts "als Vorwand genutzt, um Menschenrechte noch weitergehend einzuschränken", sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) am Donnerstag während einer Debatte über den aktuellen 14. Menschenrechtsbericht der Bundesregierung (siehe Stichwort).

Angesichts der Rückschläge, die der Menschenrechtsschutz erlebe, sei es umso wichtiger, dass die Bundesregierung diesen als Kernanliegen ihrer Außenpolitik begreife, betonte Maas. Das zeige Erfolg: Ein "Durchbruch" sei etwa die Einigung auf ein gemeinsames EU-Menschenrechtssanktionsregime. Jetzt sei "Schluss" damit, dass Menschenrechtsverletzer "unbehelligt über die Einkaufsmeilen Europas schlendern oder ihr Geld in der EU parken". Im Vorsitz des Ministerkomitees des Europarates, den Deutschland gerade übernommen habe, werde die Bundesregierung sich weiter für eine europäische Menschenrechtspolitik einsetzen, versprach Maas. Weitere Schwerpunkte ihres Engagements seien die Bekämpfung von Hass und Hetze im Netz, Unterstützung von Minderheiten wie den Roma oder der Schutz von Menschenrechtsverteidigern.

Hehre Ziele zwar, fand Gyde Jensen (FDP). Ihre Fraktion werde die Bundesregierung jedoch an ihrem Handeln messen: Ob der Sanktionsmechanismus, der Einstimmigkeit erfordere, wirksam sei, müsse sich erst zeigen. Außerdem "holpere" die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Ministerien, monierte die Liberale. Wenn die Regierung den Schutz von Menschenrechtsverteidigern in Deutschland ernstnehmen wolle, müssten Außen- und das Innenressort besser kooperieren. In einem Antrag (19/25242) forderte die FDP eine behördenübergreifende Strategie und eine bundesweite Kontaktstelle, um Deutschland zu einem "sichereren Hafen" für Dissidenten und Aktivisten zu machen.

Scharf ging Jürgen Braun (AfD) die Bundesregierung an: In ihrem Bericht schweige sie zur Christenverfolgung und ignoriere den neuen "islamischen Antisemitismus". Zudem lese er sich, als sei er von "Linksextremisten" und "Klimahysterikern" geschrieben worden. Um Menschenrechte "gehe es schon gar nicht mehr", monierte der Abgeordnete. Ganz anders das Urteil Michael Brands (CDU): Von dem Bericht gehe das Signal aus, dass die Demokratien der Welt keinesfalls "auf dem Rückzug" seien. Es sei vielmehr eine Art Kampfansage an all diejenigen, die Menschenrechte im großen Stil verletzten. Besondere Gefahr gehe dabei von China aus, warnte er. Mit Sanktionen wolle das Regime demokratische Staaten gefügig machen. Auch Unternehmen, Menschenrechtsorganisationen und sogar Abgeordnete des Bundestages versuche Peking unter Druck zu setzen.

Zaklin Nastic (Die Linke) warf der Bundesregierung angesichts ihrer Rüstungspolitik Unglaubwürdigkeit vor: Ob Syrien oder Mexiko - überall werde mit deutschen Waffen gekämpft und gemordet. Auch wachsende Armut und ungerechte Arbeitsbedingungen in Deutschland konterkarierten die Menschenrechtspolitik.

Seenotrettung Margarethe Bause (Grüne) hielt Maas vor, zu Menschenrechtsverletzungen in Europa zu schweigen. So wolle die Bundesregierung sich mit dem "Elend" in griechischen Flüchtlingslagern nicht beschäftigen. Nirgends gehe es um Seenotrettung oder illegale Push-backs der EU-Grenzschutzagentur Frontex. "Sie mogeln sich an allen Themen vorbei, in denen die Koalition versagt oder heillos zerstritten ist", so Bauses wenig schmeichelhaftes Resümee.