EDITORIAL : Harte Lektionen
Noch ganze drei Jahre konnte sich das Regime von Präsident Mohammed Nadschibullah nach dem Abzug der sowjetischen Truppen im Februar 1989 halten. Dann wurde Kabul an die vom Westen unterstützten Mudschahedin übergeben. Derzeit vermag niemand vorauszusagen, wie lange sich die afghanische Regierung von Präsident Aschraf Ghani gegen die Taliban wird behaupten können, wenn die letzten Soldaten der Nato bis zum symbolträchtigen 11. September abgezogen sein werden. Folgt man jedoch den aktuellen Meldungen vom Hindukusch, dann könnte es sich eher um Monate als Jahre handeln. Die Taliban scheinen Region für Region einzunehmen. Die mühsam aufgebaute afghanische Armee ist offenbar nicht fähig, ihnen erfolgreich entgegenzutreten.
Vom Scheitern am Hindukusch wollten in der vergangenen Woche weder Vertreter der Bundesregierung noch von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen, die den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan mitgetragen haben, sprechen. Aber von Optimismus war wenig bis nichts zu verspüren. Verteidigungsministerin Annegret Karrenbauer (CDU) mahnte, die "harten Lektionen" müssten bei den Auslandseinsätzen insgesamt bedacht werden. Ausdrücklich nannte sie den Einsatz in der Sahelzone, sprich in Mali. Karrenbauer scheint zu ahnen, dass diese "harten Lektionen" massive Auswirkungen auf die zukünftige deutsche Außen- und Sicherheitspolitik haben werden. Wie gefährlich der Einsatz in dem instabilen westafrikanischen Land ist, offenbarte sich zum Ende der letzten Sitzungswoche im Parlament einmal mehr. Bei einem Bomben-Attentat auf eine Blauhelm-Patrouille wurden mehrere deutsche Soldaten verletzt.
Seit 2013 engagiert sich Deutschland in Mali neben Frankreich als wichtigster und größter Truppensteller im Rahmen der Einsätze der EU und der UNO. Doch die aktuellen Entwicklungen in Mali lassen nach zwei Militärputschen nichts Gutes erahnen. Frankreichs Präsident Emanuel Macron jedenfalls kündigte bereits einen Teilabzug des französischen Kontingentes an. Kein Wunder: Die Mehrheit der Franzosen lehnt den Einsatz ab und im Frühjahr stehen Präsidentschaftswahlen an. Bundeskanzlerin Merkel (CDU) hat bislang ein Ende der Missionen abgelehnt. Doch Merkels Amtszeit endet - parallel zum Afghanistan-Einsatz. Danach sieht die Welt anders aus.