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WIRECARD : Druck und unklare Verantwortlichkeiten

BaFin-Spitze und Leitungspersonal rechtfertigen sich vor dem Untersuchungsausschuss

29.03.2021
2023-08-30T12:39:34.7200Z
3 Min

Der Untersuchungsausschuss Wirecard hat sich in seinen Sitzungen vergangene Woche die zentrale Frage der Verantwortlichkeit für die Schutzmaßnahme für das Unternehmen vorgenommen - dem Leerverkaufsverbot für Wirecard-Papiere. Dabei wird Anlegern verboten, auf fallende Kurse der Aktie zu setzen. Den Ausschuss interessierte, welche Rolle dabei Hinweise der Staatsanwaltschaft München spielten, die Wirecard AG werde erpresst. Der Ausschuss lud dazu von der Spitze bis zu den Abteilungsleitern hochrangiges Personal der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Wer war verantwortlich? Wie kam es dazu?

Attacke Den Anfang am vergangenen Freitag machte die scheidende Vize-Chefin und Exekutivdirektorin Wertpapieraufsicht, Elisabeth Roegele. Sie erinnerte sich: An jenem Wochenende im Februar 2019, als sich die Staatsanwaltschaft München bei der BaFin gemeldet habe, sei "alles anders" gewesen. "Erstmals in der Geschichte der BaFin haben wir von einer bevorstehenden Short Attacke erfahren." Einem Angriff also, der den Kurs der Aktie nachhaltig schaden soll.

Diese Information der Staatsanwaltschaft München, dass sie Anhaltspunkte für eine bevorstehende Attacke gegen die Wirecard AG habe, sei der Auslöser gewesen, über ein Leerverkaufsverbot nachzudenken, stellte Roegele klar. Die scheidende Exekutivdirektorin widersprach vor dem Ausschuss vehement dem in der Öffentlichkeit verbreiteten Eindruck, mit dem Leerverkaufsverbot habe die BaFin das Unternehmen Wirecard schützen wollen.

Ziel ihres Hauses und der Maßnahme sei einzig und allein der Anlegerschutz. Um das sicherzustellen, sei es darum gegangen eine Marktmanipulation abzuwenden. Abgesehen davon habe man die kritische Berichterstattung über Wirecard sehr ernst genommen und bereits vor dem Leerverkaufsverbot eine Bilanzprüfung bei der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) beauftragt.

In den Fragerunden am Donnerstag, unter anderem mit der Referatsleiterin für Marktmanipulationsverfolgung Regina Schierhorn, erhärtete sich der Eindruck, die BaFin sei in einer bisher nicht dagewesenen Weise von der Staatsanwaltschaft dazu gedrängt worden, präventiv von dem Instrument des Leerverkaufsverbots Gebrauch zu machen. Das Auftreten der Staatsanwaltschaft habe den Eindruck erweckt, "dass es drängt", sagte Schierhorn. Wer dafür , wer gegen ein Leerverkaufsverbot innerhalb der BaFin gewesen sei, fragte der CDU-Abgeordnete Matthias Hauer. "Es sollte daran gearbeitet werden. Und wenn die Voraussetzungen gegeben sein würden, sollte es erlassen werden", antwortete Schierhorn. Konkreter wurde sie nicht.

Den von der Staatsanwaltschaft übermittelten Informationen war die BaFin offenbar selbst nicht weiter nachgegangen, sondern habe diese sehr ernst genommen.

Noch nebulöser blieb die Rekonstruktion der Arbeitsabläufe und Kommunikationswege innerhalb der BaFin zu dem Vorgang. Kay Gottschalk (AfD), Vorsitzender des Ausschusses, hakte nach, er wolle die Entscheidungswege bei der BaFin verstehen: "Was passiert bei Ihnen, wenn mehrere Fachreferate die rote Kelle raushalten und von einem Leerverkaufsverbot abraten?" Sie gehe davon aus, so Schierhorn, dass ein solches Votum bei der Abteilungsleitung Berücksichtigung finden würde.

Rolle der Bundesbank Die Abgeordneten hakten bei ihrer Befragung außerdem nach, inwieweit die Deutsche Bundesbank in den Entscheidungsprozess einbezogen wurde. Während die Bundesbank der Maßnahme des Leerverkaufsverbots auf Nachfrage der BaFin ablehnend gegenüber gestanden habe und von der BaFin nicht weiter konsultiert wurde, habe man innerhalb der BaFin raschen Handlungsbedarf gesehen, und das Leerverkaufsverbot schnell durchgesetzt, so mehrere Zeugen übereinstimmend.

Jean-Pierre Bußalb, bei der BaFin zuständig für Handelsaussetzung und Leerverkaufsüberwachung sagte aus, die nach der Finanzkrise entwickelte Rechtsgrundlage für ein Leerverkaufsverbot habe den handelnden Akteuren seines Hauses einen Ermessensspielraum gewährt. Vor diesem Hintergrund hätten die Kolleginnen damals eine vertretbare Entscheidung getroffen.