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Auswärtiges : »Für China und die USA eine strategische Ressource«

Experten sehen Europa bei innovativen Technologien wie Künstlicher Intelligenz im Hintertreffen

14.06.2021
2023-08-30T12:39:37.7200Z
2 Min

Deutschland und Europa hinken China und den USA nach Ansicht von Experten bei der Entwicklung und Standardisierung von innovativen Technologien hinterher. Um in Zukunftsbranchen wie Künstlicher Intelligenz, Quantencomputing oder Netzwerktechnologie wettbewerbsfähig zu bleiben und digitale Souveränität zu bewahren, müsse Europa Handlungsfelder identifizieren, mehr in Forschung investieren und sich stärker um die Standardisierung seiner Entwicklungen bemühen, so der Appell der Sachverständigen vergangene Woche in einer öffentlichen Anhörung des Auswärtigen Ausschusses zum Thema "Innovative Technologien und Standardisierung in geopolitischer Perspektive".

China und die USA sähen in Technologien eine zentrale strategische Ressource zur Ausweitung ihrer Machtposition, betonte Daniel Voelsen von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Daher gelte es zu analysieren, "wo wir von wem abhängig sind und was wir damit machen".

Der Informatiker Bernhard Schölkopf, Direktor am Max-Planck-Institut für intelligente Systeme und Experte für Künstliche Intelligenz, betonte, bei der dritten industriellen Revolution gehe es nicht um Energie, sondern um Informationen. Wer über sie verfüge, habe "immense Möglichkeiten" auch für politische Einflussnahme. Unter anderem müsse verhindert werden, dass amerikanische oder chinesische Technologie-Unternehmen weiter die klügsten Köpfe im Bereich der Künstlichen Intelligenz abwerben.

Der freie Journalist und Berater für Krypto- und IT-Sicherheit, Andy Mueller-Maguhn, urteilte, viele Bürger hätten den Eindruck, durch Firmen wie Google oder Apple nur noch Anschluss an US-amerikanische Systeme und deren Wertschöpfungsketten zu haben. Europa müsse daher Kompetenzen und Organisationen aufbauen, um Komponenten dieser Wertschöpfungsketten zurückzuerobern. Ulrich Sandl, Experte für Standardisierung in der Informations- und Kommunikationstechnik, verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass große Technologiekonzerne Interoperabilität, also die Fähigkeit zum Zusammenspiel verschiedener Systeme und Techniken, oft blockierten. Damit wachse die Gefahr, dass der Markt zunehmend von einigen wenigen Großunternehmern beherrscht werde.

Auch aus diesem Grund betonten alle Experten die Bedeutung von Standardisierung. "Wer technische Standards setzt, kontrolliert den Markt", stellte Tim Rühlig, Experte beim Swedish Institute of International Affairs in Stockholm, klar. Ihm zufolge steigt der Anteil Chinas an essenziellen Patenten. Zudem knüpfe es die Finanzierung zahlreicher Eisenbahnstrecken im Rahmen der neuen Seidenstraße ("Belt and Road Initiative") an die Übernahme eigener Standards, was für Jahrzehnte Abhängigkeiten schaffe.

Sibylle Gabler vom Deutschen Institut für Normung (DIN) forderte eine nationale Normungsstrategie. Gerade China engagiere sich in internationalen Normungsorganisationen stark dafür, eigene Standards zu setzen. Europäische Werte, etwa beim Datenschutz, könnten so immer schwerer hochgehalten werden.