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EEG-Umlage, Heizkostenzuschuss, Steuern : Energiekosten steigen - Regierung will Verbraucher entlasten

Die Ampelkoalition einigt sich auf "Zehn Entlastungsschritte für unser Land".

07.03.2022
2023-10-05T17:36:19.7200Z
3 Min

Noch im letzten Herbst zeigte sich Isabel Schnabel, deutsches Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) sicher, dass "Anfang November der Höhepunkt der Inflationsentwicklung erreicht ist und dass die Inflation im kommenden Jahr wieder allmählich zurückgehen wird, und zwar in Richtung unseres Inflationsziels von zwei Prozent". Zu den damaligen Preistreibern Nullzinspolitik und Anleihekäufen der EZB sowie zur Corona-Pandemie kam inzwischen mit der Ukraine-Krise und dem folgenden Krieg ein weiterer Faktor hinzu, der die Preissteigerung beschleunigt. Im Februar kletterten die Preise im Euroraum im Vergleich zum Februar 2021 um 5,8 Prozent, in Deutschland betrug die Inflationsrate 5,1 Prozent. Wenn die in Deutschland nicht berücksichtigten Immobilienpreise mit in die Inflationsrate eingerechnet werden, liegt diese sogar bei 5,6 Prozent.

Ausufernde Preise

Inzwischen haben die ausufernden Preise bei Strom und Heizkosten sowie für Kraftstoffe und Rohstoffe auch die Koalition auf den Plan gerufen. Ende Februar stellten SPD, Grüne und FDP als Ergebnis ihres Koalitionsausschusses "Zehn Entlastungsschritte für unser Land" vor. Das geschnürte Maßnahmenpaket enthält zum Teil bereits bekannte Maßnahmen. Das Gesamtvolumen wird auf 15,6 Milliarden Euro beziffert, davon 7,1 Milliarden im steuerlichen Bereich.

So soll die EEG-Umlage als Maßnahme zur Milderung drastisch steigender Stromrechnungen komplett entfallen, nachdem es bereits eine Teilabschaffung zum 1. Januar 2022 gegeben hatte. Neu ist die Erhöhung des Arbeitnehmerpauschbetrags bei der Einkommensteuer um 200 Euro auf 1.200 Euro, die zudem rückwirkend zum 1. Januar 2022 eingeführt werden soll. Rückwirkend zum 1. Januar soll auch der Grundfreibetrag bei der Steuer von derzeit 9.984 um 363 auf 10.347 Euro angehoben werden.

Vorgezogen werden auf 2022 soll die zum 1. Januar 2024 anstehende Erhöhung der Pauschale für Fernpendler auf 38 Cent ab dem 21. Kilometer und die Erhöhung der Mobilitätsprämie. Eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Kraftstoffe oder der Mineralölsteuer, wie dies die polnische Regierung bereits vorgemacht hat, ist in den Koalitionsplanungen bisher nicht vorgesehen.

Im Sozialleistungsbereich soll für Bedürftige ein einmaliger Corona-Zuschuss von 100 Euro eingeführt und der bereits im Koalitionsvertrag vereinbarte Sofortzuschlag für von Armut betroffene Kinder zum 1. Juli 2022 auf den Weg gebracht werden. Er soll bei 20 Euro pro Monat liegen. Genannt werden zudem die Erhöhung des Mindestlohns, die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes und die Einführung eines Heizkostenzuschusses für Wohngeldbezieher, Studenten sowie Auszubildende.

Außerdem sind zahlreiche weitere steuerliche Maßnahmen vorgesehen, die ursprünglich die Folgen der Corona Pandemie abmildern sollten und als "Viertes Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise" bereits vom Bundeskabinett beschlossen worden sind. Zu den darin enthaltenen Maßnahmen gehört unter anderem eine Steuerfreiheit von Sonderleistungen der Arbeitgeber bis zu einem Betrag von 3.000 Euro. Außerdem werden die Regelungen zur Homeoffice-Pauschale bis Ende Dezember 2022 verlängert. Damit bestehe für Steuerpflichtige in der Corona-Pandemie eine einfache und unbürokratische Möglichkeit, Aufwendungen für die Arbeit in der Wohnung als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen zu können.

Bessere Abschreibung

Die verbesserten Möglichkeiten zur Inanspruchnahme der degressiven Abschreibung sollen auch für im Jahr 2022 angeschaffte Wirtschaftsgüter verlängert werden. Die degressive Abschreibung fördere die schnellere Refinanzierung und schaffe über diesen Mechanismus bereits im noch laufenden Veranlagungszeitraum unternehmerische Vorteile und Investitionsanreize, die zu einer nötigen Stabilisierung der Wirtschaft beitragen könnten. Es habe sich zudem gezeigt, dass der Verlustrücktrag positive Effekte auf die Liquidität von Unternehmen haben könne.

Außerdem plant die Regierung, die erweiterte Verlustverrechnung bis Ende 2023 zu verlängern. Der Höchstbetrag beim Verlustrücktrag soll für 2022 und 2023 auf zehn Millionen Euro beziehungsweise auf 20 Millionen Euro bei Zusammenveranlagung angehoben werden. Verlängert werden sollen auch die Investitionsfristen für steuerliche Investitionsabzugsbeträge und Reinvestitionen.

Opposition fordert mehr

Der Opposition gehen die Maßnahmen nicht weit genug. Der Sofortzuschlag für Kinder in einkommensschwachen Familien sei weder in der Höhe noch im Hinblick auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens akzeptabel, erklärt die kinder- und jugendpolitische Sprecherin der Linken, Heidi Reichinnek.

Der AfD-Sozialpolitiker René Springer fordert die Abschaffung der CO2-Steuer, das Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Strom und Gas sowie die Erhöhung des steuerlichen Grundfreibetrags, "sodass Arbeitnehmern mehr Netto vom Brutto in der Tasche verbleibt".

Für den finanzpolitischen Sprecher der CSU-Landesgruppe, Sebastian Brehm, hat sich das Entlastungspaket der Koalition bereits als "Päckchen" entpuppt. Die Maßnahmen gingen an den tatsächlichen Erfordernissen vorbei. Viele notwendige Maßnahmen wie die Senkung von Energiesteuern fehlten. Arbeitnehmerunfreundlich sei die Weigerung der Ampelkoalition, die Pendlerpauschale vom ersten Kilometer an zu erhöhen. "Der erste Kilometer ist genauso teuer wie der 22. Kilometer", sagt Brehm.