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Zusammenarbeit der Parlamente : Grenzen der Gesprächsbereitschaft

Die Konstituierung der deutsch-russischen Parlamentariergruppe steh an. Ein AfD-Vertreter soll den Vorsitz übernehmen.

07.03.2022
2023-10-24T09:39:57.7200Z
3 Min

Für Aufregung sorgen sie selten, die Parlamentariergruppen des Bundestages. In der 19. Wahlperiode gab es insgesamt 47 dieser interfraktionellen Zusammenschlüsse, angefangen von der deutsch-ägyptischen, über die deutsch-südasiatische bis hin zur Parlamentariergruppe Zentralafrika. Meist jenseits des Rampenlichts kümmern sich diese interfraktioniellen Zusammenschlüsse um gute Kontakte zu Kolleginnen und Kollegen der jeweiligen Partnerländer und Regionen und sind damit ein wichtiger Baustein der internationalen Beziehungen des Bundestages. Eine dieser Gruppen schaffte es in den vergangenen Jahren allerdings dennoch mehrfach ins Rampenlicht: die deutsch-russische Parlamentariergruppe. Sie sorgte auch ein paar Tage nach Beginn des Ukraine-Krieges schon wieder für Gesprächsstoff.

Denn der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Thorsten Frei, forderte die Aussetzung der dieser Parlamentariergruppe. Angesichts des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges auf die Ukraine könne man gegenüber den Repräsentanten der russischen Führung nicht so tun, als ob nichts wäre. "Unter diesen Umständen macht ein Austausch der Parlamentarier schlicht keinen Sinn", sagte er dem "Spiegel". AfD-Außenpolitiker Stefan Keuter hält diese Forderungen für "falsch". Frieden und Sicherheit erreiche man nur im Dialog miteinander und das auf allen Ebenen. "Eine strikte Ausgrenzung der russischen Parlamentarier dürfte nicht zum Friedensprozess beitragen", betont Keuter.

Derzeit haben sich die Parlamentariergruppen noch nicht konstituiert. Die Verwaltung des Bundestages geht davon aus, dass dies in einer der kommenden Sitzungswochen im März passieren wird. Dafür müssen jedoch die Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen demnächst ihre Entscheidungen treffen, also Vorsitzende und Stellvertreter benennen. Dass dies in Bezug auf die deutsch-russische Gruppe derzeit ein heikles Projekt sein könnte, ist naheliegend. Darauf deutet auch hin, dass es schwierig ist, genauere Informationen aus den Fraktionen dazu zu bekommen.

Kritik an Chefposten

Bereits in den Tagen vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine gab es Kritik daran, dass die AfD-Fraktion erneut den Chefposten der Parlamentariergruppe übernehmen soll. Dies sei schon in der vergangenen Wahlperiode problematisch gewesen, sagt etwa FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. Ralf Stegner (SPD) verweist darauf, dass es keine Verpflichtung zur Wahl eines bestimmten Vorsitzes gebe. "Wir werden uns die Kandidaten sehr genau anschauen", sagt er und betont, dass es bei den Parlamentariergruppen darum gehe, Beziehungen zu pflegen. Dies dürfe nicht durch einzelne Personalien kompromittiert werden.

Hintergrund ist die Aufregung um die deutsch-russische Parlamentariergruppe in den vergangenen Jahren. Ihr Vorsitzender Robby Schlund (AfD), mittlerweile aus dem Bundestag ausgeschieden, sorgte mit seinen pro-russischen und Ukraine-kritischen Positionen mehrfach für Irritationen. Eine Delegationsreise der Gruppe nach Moskau im Juni 2019 und deren Abschluss-Pressekonferenz in den Räumen des Kreml-nahen Medienunternehmens Rossija Segodnija sorgte ebenfalls für kritische Berichte. Sylvia Pantel, damals für die CDU dabei, sagte daraufhin: "Ich glaube, es kommt mehr darauf an, was wir sagen, welche Fragen gestellt werden und worauf wir frei antworten können."

Zwar haben sich die Abgeordneten auch mit Vertretern von Opposition und Zivilgesellschaft getroffen, doch das geriet über die Raum-Frage in den Hintergrund. Die Zusammenarbeit in der Gruppe war zeitweilig gestört, auch wenn sie sich wieder zusammenraufte. Dies zeigt: Die deutsch-russische Parlamentariergruppe arbeitete zuletzt unter schwierigen Bedingungen, unter denen sie dennoch den Dialog nie abbrechen lassen wollte. Wie es nun weitergeht, ist noch offen, heißt es aus der Bundestagsverwaltung.