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Parlamentarisches Profil : Der Rechner: Sebastian Schäfer

Der Haushalts- und Finanzpolitiker der Grünen darüber, warum er es für wahrscheinlich hält, dass auch in 2023 die schwarze Null nicht erreicht wird.

28.03.2022
2024-02-27T17:01:52.3600Z
4 Min

Für Haushälter ist diese Woche eine lauter Grausamkeiten. Der Bundesetat steht an, und das mit vielen Kalkulationen im Ungewissen - mit dem Krieg in der Ukraine und seinen vielen finanziellen Folgen, nicht ganz absehbar für Leute wie Sebastian Schäfer, die gern mit Zahlen Klarheit schaffen. Es ist Mittwoch, 17 Uhr, auf die vorgesehene Minute an ruft er an, nach einem Tag, der noch lange nicht zu Ende sein wird. "Pünktlichkeit hilft, den Stress zu reduzieren", scherzt er - wenigstens diese Zahlen sind punktgenau.

Foto: Deutscher Bundestag/Leon Kügeler/photothek

Sebastian Schäfer bewertet das Entlastungspaket der Ampelkoalition sehr positiv. Er sitzt seit 2021 für die Grünen im Haushalts- und Finanzausschuss.

Schäfer, 42, sitzt als Abgeordneter der Grünen aus dem Wahlkreis Esslingen in den Ausschüssen für Haushalt und für Finanzen. Er wacht mit über jenes, was der Bundesfinanzminister in der Ampel-Koalition vorlegen wird - und zwar eine Rechnung mit vielen Nullen. "Möglicherweise wird Christian Lindner Rekordschuldenminister", sagt er. "In Regierungsverantwortung wird jeder mit der Realität konfrontiert." Da sind noch die Belastungen der Coronapandemie, und nun obendrauf der Krieg mit zum Beispiel den tausenden Flüchtlingen, die täglich in Deutschland ankommen. "Diese Kosten haben wir noch nicht drin, dazu fehlt uns im Moment die Übersicht. Aber wir müssen halt mit der Etatplanung beginnen."

Besonderes Augenmerk: Energiepreispauschale und Familienzuschuss

Schäfer bewertet das Entlastungspaket der Koalition sehr positiv. "Die steigenden Kosten für die Verbraucher spiegeln sich nur zum Teil an der Zapfsäule, es trifft auch etwa Heizkosten und Lebensmittel". Deshalb sind die Energiepreispauschale und der Familienzuschuss für Schäfer besonders wichtig. Er strebt eine weitere Entlastung gerade für Bezieher von Grundsicherung an. "Die Situation ist extrem volatil. Schwer abzusehen, wie sich die konjunkturelle Lage entwickeln wird." Jedenfalls halte er es für sehr wahrscheinlich, dass auch im nächsten Jahr die ursprünglich avisierte schwarze Null nicht erreicht wird. "Es wird auch nicht möglich sein, alle Belastungen eins zu eins auszugleichen."


„Die Situation ist extrem volatil. Schwer abzusehen, wie sich die konjunkturelle Lage entwickeln wird.“
Sebastian Schäfer

Sein Lebenslauf sieht viele Stationen der Fortbildung und des Engagements, wie ein Staffellauf. Da waren auf der einen Seite die Mitarbeit in der Schülervertretung der Klosterschule und in der Fachschaft sowie dem Studierendenrat der Uni. Und andererseits strebte der in einem unterfränkischen Dorf aufgewachsenen Junge früh hinaus - in der elften Klasse besuchte der Sohn einer Hauswirtschaftslehrerin und eines Arztes mit Hilfe des Parlamentarischen Patenschaftsprogramms eine Highschool im Mittleren Westen der USA. Nicht der einzige Aufenthalt damals in Amerika: Es folgten Studien am Beloit College und in Berkeley; weitere Stipendien in Japan und Russland komplettierten das Mosaik der Ausbildung in Wirtschaftswissenschaften samt Dissertation an der Universität Erfurt. Schäfer: "Das war immer der Reiz des Neuen. Ich wollte auch andere Bildungsstätten kennenlernen."

Perspektivwechsel: Ein Blick vor die Kulissen

Geraten Leute wie Schäfer in die Politik, arbeiten sie oft hinter den berühmten Kulissen. Organisieren und koordinieren, hecken Strategien aus und planen ihre Umsetzung. Nach vier Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter eines Grünen-Abgeordneten wechselte Schäfer 2012 in die Landesverwaltung Baden-Württembergs, arbeitete als Referent und Referatsleiter, unterbrochen von der zwischenzeitlichen Aufgabe des Büroleiters von Cem Özdemir, als der 2017 Spitzenkandidat der Grünen bei den Bundestagswahlen war. Schäfer verhandelte auch in den Jamaika-Gesprächen mit, welche Lindner dann beendete. Ist er immer noch sauer auf den FDP-Parteichef? "Nun, das Aufgabenheft ist seitdem größer geworden", sagt Schäfer mit Blick auf die Große Koalition, die von 2017 bis 2021 wirkte.

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Dann aber der Wechsel in die Legislative, vor die Kulissen. In Esslingen, wohin Schäfer mit seiner Familie gezogen war, kandidierte er 2021 für den Bundestag, zog über die Landesliste ein.

Im Bundestag ist er zuweilen an der Tischtennisplatte der Fraktion zu sehen. "Ich hoffe, dass bald auch rote und gelbe Spieler sich zu uns trauen", lächelt er. Auch Lindner? "Ach, der ist wohl mehr im Motorsport unterwegs. Aber willkommen ist er natürlich immer."