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Agrar : Minister Özdemir soll mehr Mittel bereitstellen

Das Thema Ernährungssicherheit bestimmt die Debatte über den Landwirtschafts-Etat.

28.03.2022
2023-10-10T15:19:47.7200Z
4 Min

Weltweite Hungersnöte verhindern und die Lebensmittelsicherheit in Deutschland garantieren - um diese Themen ging es in der Debatte über den Etat für das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL) in der vergangenen Woche im Bundestag. "Ernährungs- und Agrarpolitik ist Sicherheitspolitik", mit diesen Worten führte Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) die Lage vor Augen, die mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine eingetreten sei. "Der Krieg wird Auswirkungen auf Deutschland haben", sagte Özdemir bei der ersten Lesung des Etatentwurfs für sein Ressort (20/1000). In der Debatte betonten Redner aller Fraktionen, mit Ausnahme der AfD, die Notwendigkeit einer Reaktion auf die aktuelle Lage, aber auch die Notwendigkeit an einer stärkeren ökologischen Ausrichtung der Landwirtschaft festzuhalten.

Kritik an geplanten Kürzungen

Der Gesamtetat für das Landwirtschaftsministerium sieht 7,1 Milliarden Euro vor, im Jahr 2021 waren Mittel in Höhe von 7,68 Milliarden Euro vorgesehen. Erneut bilden die Mittel für die landwirtschaftliche Sozialversicherung mit 3,95 Milliarden Euro den größten Anteil, allerdings sind 100 Millionen Euro weniger für die Altersversicherung der Landwirte vorgesehen und 77 Millionen Euro weniger für die landwirtschaftliche Unfallversicherung als 2021.

Josef Rief (CDU) kritisierte die geplanten Kürzungen bei der landwirtschaftlichen Sozialversicherung. Er führte an, dass für die landwirtschaftlichen Betriebe die Beiträge für die Unfallversicherung um 14 Prozentpunkte stiegen, würde der Entwurf des Agraretats umgesetzt.

Auch von Seiten der SPD gab es zu diesem Thema Kritik. Esther Dilcher (SPD) erinnerte aber daran, dass die Kürzung in der Unfallversicherung noch von Özdemirs Vorgängerin Julia Klöckner (CDU) angestoßen worden sei. Darüber müsse "noch einmal diskutiert werden", sagte Dilcher.

Frankreich als Vorbild?

Sebastian Schäfer (Bündnis 90/Die Grünen) betonte die Notwendigkeit des Umbaus der Nutztierhaltung mit "deutlich weniger Tieren in der Landwirtschaft". Für den Umbau der Ställe stehe ab 2023 eine Milliarde Euro im Haushalt, davon sollten die Landwirte Gebrauch machen und die Regierung bei Bedarf "die Zahlung von Fördermitteln ausweiten". Vor einer Reduzierung der Tierbestände und dem Festhalten an Flächenstilllegungen warnte Karlheinz Busen (FDP). In Frankreich gehe man "den richtigen Weg", indem man sich von den Vorgaben wie der Flächenstilllegung verabschiedet habe. Auf diesen Flächen müssten nicht nur Futtermittel angebaut werden, sondern auch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln erlaubt werden, so die Forderung. "Ärmere Länder sind durch den Krieg in der Ukraine massiv von Hunger bedroht, eine Verknappung von Lebensmitteln können wir uns nicht leisten", sagte Busen.

Die Diskussion um eine Aufhebung der Flächenstilllegungen ab 2023 wurde lebhaft geführt. Minister Özdemir hält an seinem Ziel, eine nachhaltigere Landwirtschaft mit der Ernährungssicherheit in Einklang zu bringen, fest. "Ich ziehe es vor, auf die Zwischentöne zu hören", sagte Özdemir und begründete damit seine Entscheidung, ökologische Vorrangflächen lediglich für den Anbau von Futtermitteln zu nutzen und nicht, wie von der EU-Kommission eingeräumt, für den Anbau aller landwirtschaftlichen Kulturen.

51 Millionen Euro für die Digitalisierung

Als neuer Posten wurde die Honorierung der Ökosystemdienstleistungen des Waldes mit 200 Millionen Euro in den Entwurf eingeführt. Niklas Wagener (Bündnis 90/Die Grünen) betonte die "Ökosystembilanz des Waldes" und wies auf die regionale Wertschöpfung auf dem Holzmarkt hin. Es sei wichtig, dass die Bundesregierung daran festhalte und sie intensiviere.

Auf grundsätzliche Zustimmung stieß die mit 51 Millionen Euro veranschlagte Summe für die Digitalisierung in der Landwirtschaft. Peter Felser (AfD) begrüßte, dass auch ein Budget für Künstliche Intelligenz geplant sei. Bemängelt wurden "die fehlenden Soforthilfen". Während EU-Länder wie Frankreich, Österreich und Polen Fördergelder für die Landwirte bereitstellten - "Frankreich hat den Landwirten ein Steuersenkungsprogramm in Höhe von 460 Millionen Euro für 2022 angekündigt" -, sehe der Etat des Bundeslandwirtschaftsministers sogar eine Kürzung der Sozialausgaben für Landwirte in Höhe von 77 Millionen Euro vor.

Linke vermisst Mittel für die Gesaltung

Die Fraktion Die Linke bemängelte nicht nur die Kürzungen bei den Sozialausgaben im Etat. "Im Januar hat Minister Özdemir eine flammende Rede zur Zukunft der Landwirte gehalten, leider sind nur 3,3 Milliarden Euro für die Gestaltung übriggeblieben", sagte Ina Latendorf (Die Linke). Sie kritisierte, dass "für Rüstungsprojekte 100 Milliarden Euro bereitgestellt werden, doch für die Ernährungssicherheit sind nicht mal zehn Prozent der Mittel eingeplant". Auch die Kürzung der Mittel zur Verbesserung der Lebensbedingungen in ländlichen Räumen auf 52 Millionen Euro sei "blanker Hohn".

Mit dem Entwurf des Einzelplans 10 wird sich nun der Haushaltsausschuss befassen, bevor der Bundestag voraussichtlich Mitte des Jahres darüber beschließen kann. Minister Özdemir gab zu bedenken, wie wichtig eine "Ernährungsstrategie" sei, und er hoffe dass die Haushälter das in ihren Entscheidungen berücksichtigen werden.