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Gastkommentare : Pro und Contra: Deutsche Panzer in die Ukraine?

Deutschland will Gepard-Panzer an die Ukraine liefern. Eine gute Idee, findet Hans Monath. Thomas Wiegold hält dagegen.

02.05.2022
2024-02-23T10:18:36.3600Z
3 Min

Pro

Überfällig

Foto: Privat
Hans Monath
"Der Tagesspiegel", Berlin
Foto: Privat

Bei seinen öffentlichen Begründungen zur deutschen Waffenhilfe für die Ukraine hat Kanzler Olaf Scholz in jüngster Zeit wenig Geschick gezeigt. Mal war ein TV-Auftritt schwer verständlich, mal schien er in einem Interview Gründe gegen die Lieferung schwerer Waffen zu suchen. Doch in der Sache ist die Entscheidung der Bundesregierung für die direkte Abgabe von Gepard-Panzern zur Flugabwehr aus deutscher Produktion richtig. Die Ukraine braucht sie, um Russlands Offensive zurückzuschlagen. Und in ihrem Kampf verteidigt sie auch Europa. Deutschland handelt in eigenem Interesse, wenn es hilft, einen russischen Sieg zu verhindern.

Die Gegenargumente überzeugen nicht. Da ist die Warnung vor einer direkten Kriegsbeteiligung Deutschlands durch diesen Schritt. Aber ab wann Russland diese Grenze überschritten sieht, entscheidet allein Präsident Wladimir Putin. Andere Nato-Staaten, die schwere Waffen liefern, hat er bislang nicht zur Kriegspartei erklärt. Und da ist die Warnung, ein Dritter Weltkrieg, der womöglich nuklear geführt wird, sei unbedingt zu vermeiden. Dieses Ziel verfolgen aber alle Staats- und Regierungschefs der Nato, ohne dass sie den Hinweis auf diese Gefahr als Argument gegen die Lieferung hochwirksamer und auch offensiv einsetzbarer Waffensysteme an Kiew nutzen.

Es ist richtig: Die Risiken müssen sehr sorgsam abgewogen werden, um eine Eskalation zu vermeiden. Aber es besteht auch das Risiko, dass Russland in der Ukraine siegt und weitere Länder angreift. Das wäre erst recht eine hoch gefährliche Eskalation. Deshalb war die Entscheidung zur Lieferung deutscher Panzer an Kiew in enger Abstimmung mit den Verbündeten nicht nur vertretbar, sondern überfällig.

Contra

Depots ohne Vorrat

Foto: Bernhard Ludewig
Thomas Wiegold
freier Journalist
Foto: Bernhard Ludewig

Das erfolgreichste deutsche Waffensystem scheint derzeit die Nebelkerze. Erst keine Waffen für die Ukraine, dann doch "Defensivwaffen", dann schwere Waffen: Die deutsche Politik hat seit Beginn des russischen Angriffskrieges im Turbo ihre Positionen geändert, ohne das immer sagen zu wollen. Und das Mantra "in enger Abstimmung mit den Verbündeten" schien zu bedeuten: Erst wenn deren Druck groß genug wird, ist auch Deutschland zu entsprechenden Schritten bereit.

Das ist mit der jüngsten, parteiübergreifenden Entscheidung des Bundestages nicht erledigt. Die Lieferung "auf schwere Waffen und komplexe Systeme" zu erweitern, ohne die Bündnisfähigkeit zu gefährden: Diese Quadratur des Kreises muss die Ampelkoalition erst einmal hinbekommen. An der zugesagten Lieferung der "Gepard"-Flugabwehrkanonen hat die Bundesregierung den geringsten Anteil. Diese Waffen gehören längst nicht mehr der Bundeswehr; die hat keine Munition und keine Soldaten mehr, die damit umgehen und Ukrainer ausbilden könnten. Der Regierungsanteil beschränkt sich auf eine Exportgenehmigung.

Und das ist der Knackpunkt an der weiteren Unterstützung der Ukraine: Der Vorrat an altem sowjetischen Gerät außerhalb Russlands ist begrenzt - dass irgendwann westliche Waffensysteme geliefert werden müssten, ist unausweichlich. Die Bundeswehr hat diesen Vorrat nicht, ihre Depots müssen erst einmal gefüllt werden. Meint die deutsche Politik es langfristig ernst mit der Hilfe für das angegriffene Land, muss sie bei der deutschen Rüstungsindustrie nachfragen. Denn nur die kann, wenn überhaupt, die in Aussicht gestellten schweren Waffen zur Verfügung stellen.