Im vergangenen Jahr lag die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge laut Berufsbildungsbericht 2022 mit rund 473.000 etwa zehn Prozent unterhalb des Werts von 2019. Zu wenige Ausbildungsverhältnisse werden den Fachkräftemangel in den kommenden Jahren weiter verschärfen, lautet ein Resümee des Berichts. Von 2010 bis 2030 werden rund 1,7 Millionen Akademiker mehr auf den Arbeitsmarkt strömen als durch den Ruhestand ausscheiden, es fehlen aber in der beruflich-betrieblichen Ausbildung 4,5 Millionen Personen, warnt die Unionsfraktion in einem Antrag (20/2340). Dieser wurde zusammen mit einem Antrag der Linken (20/2335), ebenfalls zur Stärkung der beruflichen Bildung, am vergangenen Donnerstag in erster Lesung im Bundestag beraten.
Die Unionsfraktion schlägt vor, Maßnahmen zur Berufsorientierung zu systematisieren und den Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) zu überarbeiten. Als Transparenzrahmen geschaffen, sei es Ziel des DQR, eine Vergleichbarkeit von Abschlüssen zu schaffen, erläuterte Stephan Albani (CDU). Obwohl das Modell die Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung sichern solle, gebe es "erhebliche Unterschiede bei der Vergütung und dem Zugang zum Arbeitsmarkt".
Auch Friedhelm Boginski (FDP) äußerte sich skeptisch bezüglich der Frage, ob in Deutschland tatsächlich eine Gleichstellung zwischen beruflicher und akademischer Bildung existiere. Er beobachte eine zunehmende Geringschätzung für Lehrstellen in Deutschland.
60.000 junge Menschen hätten laut Nicole Gohlke (Die Linke) im letzten Ausbildungsjahr keinen Platz bekommen. Daher forderte sie einen "Rechtsanspruch auf Ausbildung". Auszubildende bräuchten die Sicherheit, von ihrer Vergütung leben zu können und nach der Ausbildung eine Perspektive im Unternehmen zu haben.
Berufliche Bildung als Schlüssel Für die Grüne Anja Reinalter ist die berufliche Bildung ein wichtiger Schlüssel, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. 2,3 Millionen Menschen zwischen 24 und 35 Jahren hätten 2021 keinen Berufsabschluss gehabt und damit schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt sowie ein höheres Risiko für Arbeitslosigkeit. Reinalter betonte, dass Studium und Ausbildung gleichrangig nebeneinander stehen: "Wir brauchen beides - mehr Master und Meister." Dass berufliche und akademische Bildung bei politischen Entscheidungen nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen, forderte auch Jessica Rosenthal (SPD).
Götz Frömming von der AfD-Fraktion machte das Bologna-System verantwortlich "für den Niedergang der beruflichen Bildung". Es gebe schlichtweg zu viele Akademiker. Die Stärkung des dreigliedrigen Schulsystems könne die berufliche Bildung stärken, so Frömming.
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