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Schlüsselindustrie Luftfahrt : Fliegen bleibt für viele ohne Alternative

Auf Strecken, bei denen die Bahn mehr als drei Stunden braucht, gilt das Flugzeug als konkurrenzlos. Bis 2050 will die Luftverkehrsbranche klimaneutral werden.

25.07.2022
2024-03-11T13:42:36.3600Z
3 Min

Die Corona-Pandemie hatte den weltweiten Luftverkehr weitgehend zum Erliegen gebracht. Man könnte das angesichts der Klimadebatte für einen zwar erzwungenen, aber richtigen Schritt in die richtige Richtung halten. Tatsächlich zeigt sich gegenwärtig aber: Die Nachfrage nach Urlaubs- und auch Geschäftsreisen ist wieder groß. Überall dort, wo die Bahn mehr als drei Stunden braucht, erweist sich das Flugzeug als konkurrenzlos. Klimaneutralität muss auf anderen Wegen erreicht werden. Tatsächlich arbeitet die Luftverkehrsbranche auf Hochtouren daran. Das ehrgeizige Ziel: 2050 klimaneutral sein. Die Luftfahrtbranche gilt in Deutschland als Schlüsselindustrie. Mit 330.000 direkt und 354.000 indirekt Beschäftigten ist sie von immenser wirtschaftlicher Bedeutung."Too big to fail". In der Coronakrise wurde die zum Beispiel Lufthansa deshalb staatlicherseits mit Milliarden unterstützt.

Im grenzüberschreitenden Verkehr gilt die Bahn bisher nicht als Alternative zum Flugzeug. Laut der Gesellschaft für Konsumforschung benutzen 40 Prozent aller Deutschen für Auslandsreisen das Flugzeug, übertroffen wird es - auf kürzeren Strecken - lediglich vom Pkw (46 Prozent). Den Zug nutzen nur fünf Prozent. Auch 40 Prozent der Deutschland-Besucher reisen nach Angaben der Tourismus-Zentrale mit dem Flugzeug an, bei Gästen aus dem nichteuropäischen Ausland sind es sogar 98 Prozent. Der Incoming-Anteil der Bahn beträgt sieben Prozent. Auch im innerdeutschen Verkehr kann die Bahn dem Flugzeug auf längeren Strecken bisher keine Konkurrenz machen. Im letzten Vor-Pandemie-Jahr 2019 flogen 23,9 Millionen Passagiere zwischen deutschen Flughäfen, rund ein Drittel davon zum Umstieg auf Auslandsflüge an den großen Drehkreuzen.

Mehr kleine Mittelstreckenjets auf dem Markt

Auf der Langstrecke ist das Flugzeug absolut konkurrenzlos. Um der Nachfrage nach mehr Direktverbindungen auch auf weniger stark frequentierten Routen zu entsprechen, bringen die Hersteller gerade Versionen bewährter, kleinerer Mittelstreckenjets mit interkontinentaler Reichweite auf den Markt. Weil hier die klassischen Strahlturbinen auf absehbare Zeit ohne Alternative sind, setzt man auf umweltfreundlichere Triebwerke wie die WET Engine von MTU und den UltraFan von Rolls-Royce. Beide können ausschließlich mit nachhaltigem Kraftstoff (Sustainable Aviation Fuel/SAF) betrieben werden.

Methoden zu dessen Produktion in ausreichenden Mengen und zu vertretbaren Preisen gehören zu den künftigen Schwerpunkten des Luftfahrtforschungsprogramms und der Verwendung der Einnahmen aus der Luftverkehrsabgabe. Auf der Mittelstrecke ist Wasserstoff wegen der noch zu lösenden technischen Probleme eher eine mittelfristige Alternative zum SAF. Airbus nutzt einen A380 als Erprobungsträger für ein emissionsfreies Wasserstoff-Verkehrsflugzeug, das 2035 in Betrieb gehen könnte.

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Auf geringer frequentierten Kurzstrecken werden dagegen schon bald die ersten emissionsfreien Elektroflugzeuge zum Einsatz kommen, deren Größe und Reichweite aufgrund der bisher verfügbaren Batterietechnologie noch begrenzt ist. Die Landsberger Firma Scylax arbeitet an einem Regionalflugzeug für neun Passagiere mit Elektroantrieb und 500 Kilometern Reichweite. Und in Strausberg entwickelt Apus einen Zwölfsitzer, dessen vier Propeller-Elektromotoren ihrem Strom aus mit Wasserstoff betriebenen Brennstoffzellen beziehen.

Der Autor ist freier Journalist in Berlin.