Sicherung von Rohstoffen : Der Kampf ums Metall
Der Bundestag debattiert über die Abhängigkeit Deutschlands von China und Russland bei der Versorgung mit wichtigen Rohstoffen.
Deutschland sei "erpressbar". So drastisch hatte es der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, am vergangenen Donnerstag beim Rohstoffkongress ausgedrückt. Es gebe eine zu große Abhängigkeit von Ländern wie China bei strategisch wichtigen Rohstoffen, sagte Russwurm und forderte einen Kurswechsel.

Begehrtes Leichtmetall: In der Anlage Llipi am Salzsee von Uyuni in Bolivien wird Lithium verdampft.
Damit ist er nicht allein. Die Fraktionen von CDU/CSU und AfD im Bundestag hatten in der vergangenen Woche jeweils Anträge zum Thema vorgelegt, die eine größere Unabhängigkeit Deutschlands bei der Versorgung mit Rohstoffen wie Metallen und seltenen Erden fordern. Die Anträge wurden am Freitag im Plenum erstmals beraten und im Anschluss an die Debatte an den federführende Wirtschaftsausschuss überwiesen.
Darüber, dass Lieferketten diversifiziert und der Abbau heimischer Rohstoffe vorangebracht werden muss, waren sich alle Fraktionen einig. Doch nicht darüber, welche Zugeständnisse gemacht werden müssen, um dieses Ziel zu erreichen.
Die Recyclingquoten reichen nach Ansicht von Union und Grünen nicht aus
"Der Fokus auf die Kreislaufwirtschaft reicht nicht aus", sagte Stefan Rouenhoff (CDU) in der Debatte und forderte, nicht nur die Recyclingprozesse zu verbessern, sondern auch beim "Rohstoffabbau im In- und Ausland besser zu werden". Die Abhängigkeiten von Staaten wie Russland und China seien zu groß, in der aktuellen Situation sehe man, wie Rohstoffe auch als geostrategische Waffe eingesetzt würden.
Dass die momentanen Recyclingquoten nicht ausreichend seien, darin stimmte die Parlamentarische Staatssekretärin Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen) dem Christdemokraten Rouenhoff zu. Und auch darin, dass das allein nicht ausreichend sei. Es müsse in die Erforschung neuer Materialien investiert und zudem die Akzeptanz für den heimischen Abbau von Rohstoffen gefördert werden.
„Abhängigkeit bei manchen Rohstoffen ist deutsche Realität seit 200 Jahren.“
Im deutschen Oberrheingraben gibt es beispielsweise ein großes Lithiumvorkommen. Lithium gehört wie Kobalt und Nickel zu den strategischen Metallen, für die die Nachfrage in den kommenden Jahren am meisten steigen wird. Doch sowohl, was die Art der Förderung des Leichtmetalls aus dem heißen Wasser in der Tiefe angeht, als auch bei der Akzeptanz der Anwohnerinnen und Anwohner für einen Abbau des Stoffes sind bislang noch viele Fragen offen.
Die Zeitenwende bei der Rohstoffversorgung ist gekommen
Der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" hatte Staatssekretärin Brantner vor einigen Tagen gesagt, dass sie aber auch da Lösungen sehe: "Bei der richtigen Anwendung spricht nichts dagegen, dass mithilfe entsprechender Anlagen auch Lithium gewonnen wird."
Ihre Parteifreundin Sandra Detzer sagte am Freitag im Plenum, dass nun auch bei der Rohstoffversorgung eine "Zeitenwende" gekommen sei. Es sei auch auf diesem Markt nötig, für Preisstabilität zu sorgen, wie man gerade an der Energiekrise und den steigenden Gaspreisen spüre. "Wir brauchen Souveränität, weil wir die Wirtschaft und den Mittelstand schützen müssen", so Detzer.
AfD sieht eine ideologiegetriebene Politik am Werk
Die Bundesregierung betreibe eine "ideologiegetriebene grüne Politik, die am Ende niemandem dient", sagte hingegen Malte Kaufmann (AfD). Viele Rohstoffe, darunter Holz, Metalle, Kunststoff und Gummi, seien Mangelware geworden, "die Folgen für die Unternehmen sind drastisch." Das sehe man an der Pleitewelle, die wenige Tage zuvor von der Regierung in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses "verleugnet" worden sei, so Kaufmann.

Die Energiewende treibt die Nachfrage nach kritischen Rohstoffen in die Höhe. Dabei wird die Abhängigkeit von Importen zum geopolitischen Risiko.

Im Erzgebirge und im Oberrheingraben lagern große Lithium-Vorkommen. Vor Ort sind nicht alle begeistert vom Schürfen vor der Haustür.
Eine Abhängigkeit bei bestimmten Rohstoffen sei seit Beginn der Industrialisierung "deutsche Realität seit 200 Jahren", entgegnete Reinhard Houben (FDP) in Richtung der AfD-Fraktion: Es habe hierzulande vor allem Steinkohle, Braunkohle und Erze gegeben, andere Rohstoffe aber noch nie. "Ich habe noch nie einen Kautschukbaum in Deutschland wachsen sehen", sagte der Freidemokrat.
Linke warnt vor einem Wirtschaftskrieg
Während Sebastian Roloff (SPD) bilanzierte, dass die Koalition bereits die Bedeutung des Themas erkannt und einige wichtige Maßnahmen "aufs Gleis gesetzt" habe, warnte der Linken-Abgeordnete Christian Leye vor einem weiteren Wirtschaftskrieg: Deutschland sei der fünfgrößte Rohstoff-Verbraucher der Welt und beziehe mehr als 99 Prozent der im Bergbau gewonnenen Metalle aus dem Ausland. Im Antrag der Union werde "etwas nebulös" von geopolitischen Spannungen gesprochen, so Leye aber dabei müsse man offen über die beiden "Elefanten im Raum" sprechen: "Die Rohstoffabhängigkeit von Russland und die Rohstoffabhängigkeit von China", so Leye.