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Krisenhilfen : Wo der Schuh drückt

Bundestag bringt mit Wohngeld und Co. viele Entlastungen auf den Weg.

14.11.2022
2024-01-12T14:55:00.3600Z
3 Min

Die Preise für Energie, Lebensmittel und Wohnen klettern, vielen Menschen drückt gerade buchstäblich der Schuh. Der Bundestag hat deshalb vergangenen Donnerstag umfangreiche Entlastungen beschlossen. Ab dem 1. Januar 2023 steigen sowohl das Kindergeld als auch das Wohngeld, Vermieter müssen sich dann an den CO2-Kosten beim Heizen beteiligen. Bereits im Dezember übernimmt der Bund einmalig die Abschlagszahlung für Gas- und Fernwärmekunden.

Foto: picture-alliance/DORIS SPIEKERMANN-KLAAS TSP

Viele Familien in Deutschland bekommen mit dem Wohngeld einen Zuschuss zur Miete oder ihrem Eigenheim-Kredit. Ab Januar sollen noch mehr Geringverdiener von der Sozialleistung profitieren.

Besonders Mieterinnen und Mieter sowie selbstnutzende Eigentümer mit geringem Einkommen können mit mehr Unterstützung rechnen. Das Wohngeld, das bisher rund 600.000 Haushalte in Deutschland bekommen, wird sich durchschnittlich verdoppeln, rund 1,4 Millionen Menschen werden zusätzlich einen Anspruch darauf haben. Neue, dauerhafte Komponenten für Heizkosten und Klima beziehen steigende Energiekosten sowie höhere Mieten infolge von energetischen Sanierungen in die Berechnung ein.

Für den von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Gesetzentwurf stimmten in einer vom Bauausschuss geänderten Fassung SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und AfD gegen die Stimmen der CDU/CSU. Die Linksfraktion enthielt sich. Die Unionsfraktion, die bereits im März eine Reform des Wohngelds beantragt hatte, begründete ihre Ablehnung mit Mängeln am Entwurf. Die Reform komme zu spät und sei zu bürokratisch, urteilte Ulrich Lange (CSU). In einem Entschließungsantrag forderte die Fraktion, die Berechnungsgrundlage zu vereinfachen, damit die Wohngeldstellen die Anträge schneller prüfen können.

Kurzfristig nachgebessert

Vertreter der Kommunen hatten zuvor in einer Anhörung des Bauausschusses deutlich gemacht, dass die rechtzeitige Umsetzung der Wohngeldreform wegen massiven Personalmangels und der zu erwartenden Verdreifachung der Anträge scheitern könnte. Die Koalitionsfraktionen hatten daraufhin nachgebessert und unter anderem den Bewilligungszeitraum von 18 auf 24 Monaten verlängert und eine Bagatellgrenze von 50 Euro für Rückforderungen beschlossen.

Die Linksfraktion, in deren Namen Caren Lay die Reform ausdrücklich begrüßte, jedoch teilweise Änderungen anmahnte, sprach sich ergänzend zur Wohngeldnovelle für umfassende Mietrechtsreformen aus, um die Mieten zu senken. Ihre Vorschläge für einen Mietenstopp, ein Kündigungsmoratorium und den Stopp von Indexmietverträgen fanden aber keine Mehrheit.


„Die Wohngeldreform ist eine Herkulesaufgabe für die Kommunen.“
Brian Nickholz (SPD)

Neben der Wohngeldreform verabschiedete der Bundestag mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP das von der Bundesregierung vorgelegte Kohlendioxidkostenaufteilungsgesetz (20/3172). Union und AfD lehnten den Entwurf ab, die Linksfraktion enthielt sich. Mussten die Mieter die 2021 eingeführte Abgabe für das Heizen mit Öl und Gas bisher allein zahlen, sollen die Kostenanteile nun nach einem Zehn-Stufen-Modell auf Mieter und Vermieter umgelegt werden. Bei besonders emissionsreichen Gebäuden sollen die Vermieter 95 Prozent der Abgabe tragen, als Anreiz, den Energiestandard der Immobilie zu verbessern.

Die Linksfraktion wertete es zwar positiv, dass nun auch die Vermieter an den CO2-Kosten beteiligt werden, forderte in einem Antrag edoch die Abschaffung der Abgabe. Sie treibe die Energiekosten für die Mieterinnen und Mieter noch weiter nach oben, kritisierte Lay. Damit begründete auch die AfD-Fraktion ihr Nein, das sie mit einem Entschließungsantrag untermauerte. Die Union kritisierte, dass die entstehenden Kosten vom individuellen Heizverhalten, nicht aber vom energetischen Zustand des Gebäudes, abhängen sollen. Damit steige der Kostenanteil von Mieterinnen und Mietern, je weniger Wärmeenergie sie verbrauchen. Von sozial- und energiepolitischen Fehlanreizen sprach die Fraktion in einem Entschließungsantrag.

AfD: Problem ist Energiepolitik der Bundesregierung

Die AfD-Fraktion warf der Koalition insgesamt vor, die Menschen mit ihrer Energiepolitik überhaupt erst in die Armut getrieben zu haben. "Jetzt werfen Sie ihnen einige Almosen hin", sagte Sebastian Münzenmeier. Dabei sei sie "der Brandstifter, der sich dafür feiert, dass er im Anschluss die Feuerwehr gerufen hat".

Nach Ansicht von Hanna Steinmüller (Grüne) haben die Neuerungen bei Wohngeld und CO2-Kosten hingegen eines gemeinsam: "Sie bringen Sozialpolitik und Klimaschutz zusammen."

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Brian Nickholz (SPD) nannte die Wohngeldreform "eine wirksame Entlastung bis in die Mittelschicht hinein", aber auch "eine Herkulesaufgabe für die Kommunen". Sein Fraktionskollege Martin Diedenhofen betonte die Notwendigkeit des CO2-Preises zur Bekämpfung des Klimawandels und verwies auf den Koalitionsvertrag, demzufolge die Einnahmen aus dem CO2-Preis über ein Klimageld wieder an die Bürgerinnen und Bürger zurückfließen sollen.

Daniel Föst (FDP) stellte weitere Anpassungen beim Wohngeld in Aussicht, um etwa die Klimakomponente tatsächlich an den Energiezustand des Gebäudes anzuknüpfen. Zudem appellierte er an die Verantwortung der Kommunen, "ihre Verwaltung zu optimieren und vor allen Dingen zu digitalisieren", damit das Wohngeld "schneller und zielgerichteter ankommt".