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Handelsabkommen mit Kanada : "Wir müssen Handel und Nachhaltigkeit zusammenbringen"

Der Bundestag hat mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Union der Ratifizierung des Ceta-Abkommens zwischen der EU und Kanada zugestimmt.

05.12.2022
2024-03-04T11:20:12.3600Z
4 Min

Lange hat es gedauert, zumindest darin waren alle einer Meinung: Sechs Jahre nach der Teilratifizierung durch die EU-Gremien hat der Bundestag am vergangenen Donnerstag einem Gesetz zur Ratifizierung des Freihandelsabkommens Ceta zugestimmt. In namentlicher Abstimmung votierten 559 Abgeordnete für den Entwurf eines Gesetzes zu dem Umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommen (Ceta) zwischen Kanada einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits vom 30. Oktober 2016; 110 Abgeordnete stimmten dagegen, es gab keine Enthaltungen.

Die Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, Franziska Brantner, sieht die EU durch das Abkommen gestärkt.   Foto: picture alliance/dpa/Michael Kappeler

Durch das Zögern und Nachverhandeln habe die Bundesregierung riskiert, dass Deutschland "bald keine Partner mehr hat", kritisierte in der Debatte Julia Klöckner (CDU) für die Unionsfraktion. Im Ergebnis habe die Ampel dann jedoch gar nichts nachverhandelt. "Wir werden zustimmen", hatte Klöckner vor der Abstimmung angekündigt. "Aber wir stimmen damit einem Gesetz zu, das wortgleich ist mit unserem Gesetzentwurf." Dieser habe bereits vor Monaten vorgelegen, sei durch die Ampelfraktionen jedoch insgesamt elf Mal von der Tagesordnung genommen worden. Die nachgereichte Interpretationserklärung an den Gemeinsamen Ceta-Ausschuss nannte Klöckner eine "grüne Beruhigungspille".

SPD: Ratifizierung hat zu lange gedauert

Nach dem Motto "was lange währt, wird endlich gut" argumentieren hingegen die Ampelfraktionen. Die Jahre 2009, 2012 und 2022 seien "Meilensteine, die uns auf dem Weg der Verhandlung begleitet haben", sagte Verena Hubertz (SPD). Der Prozess habe in der Tat, wie es die Opposition betont habe, zu lange gedauert, sei zu langsam gewesen, in einer globalisierten Welt, die sich so schnell drehe. Man habe jedoch auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes warten müssen. Dank der nun vereinbarten Interpretationserklärung könne man das Thema der Schiedsgerichte nun aber hinter sich lassen, so Hubertz.


„Heute wenden wir uns der Welt zu und stärken gleichzeitig den Klimaschutz.“
Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen)

Für die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Katharina Dröge, bedeuteten die Ceta-Ratifizierung und der fast zeitgleiche Austritt aus dem Energiecharta-Vertrag der EU ein "neues Kapitel der Handelspolitik", das "Nachhaltigkeit und Klimaschutz in den Mittelpunkt stellt". Ihre Parteikollegin, die Parlamentarische Staatssekretärin Franziska Brantner, argumentierte ebenfalls mit der neuen Vereinbarkeit von Handel und Nachhaltigkeit: "Heute wenden wir uns der Welt zu und stärken gleichzeitig den Klimaschutz", sagte Brantner im Plenum. Nach 16 Jahren Merkel habe man in Deutschland Abhängigkeiten von Wladimir Putin und Xi Jinping; in 16 Jahren habe es die Union "intellektuell und fachlich nicht geschafft, Handel und Klimaschutz zusammenzubringen".

Auf das Argument der langen Verhandlungsdauer ging auch Christian Dürr, Fraktionsvorsitzender der FDP, ein. Die Ampel habe nach nur einem Jahr Regierung ein erstes wichtiges Freihandelsabkommen abgeschlossen, während der Union in ihrer 16-jährigen Regierungsbeteiligung insgesamt nur ein Abkommen abgeschlossen habe. Neben den geplanten Abkommen mit Chile, Mexiko und den Mercosur-Staaten wolle man auch einen neuen Anlauf für ein Freihandelsabkommen mit den USA starten, stellte Dürr in Aussicht.

Linke und AfD verweisen auf Proteste gegen Ceta

Die Abgeordneten der Fraktionen Die Linke und der AfD verwiesen auf die großen Proteste gegen das Abkommen, die es zur Zeit der Teilratifizierung gegeben hatte. Bernd Schattner, AfD, erinnerte daran, dass im September 2016, als Ceta teilweise in Kraft trat, in ganz Deutschland über 200.000 Menschen demonstriert hätten; "vorne weg die jetzige Außenministerin Annalena Baerbock".

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Die Ratifizierung des Gesetzes sei ein "großer Fehler", befand Bernd Riexinger (Die Linke). Die Stimmen derer, die dagegen seien, seien ungehört geblieben. "Das geschieht nun ausgerechnet unter der Führung eines grünen Wirtschaftsministers", sagte Riexinger. "Die Grünen haben den Widerstand gegen den neoliberalen Freihandel offensichtlich aufgegeben", sagte Riexinger.

Nach der rund 70-minütigen Debatte wurden neben dem Gesetzentwurf noch über drei Entschließungsanträge der Ampelfraktionen, der CDU/CSU-Fraktion und der AfD-Fraktion abgestimmt. Der Entschließungsantrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP wurde angenommen, die beiden anderen fanden keine Mehrheit.